Fußball-EM findet in Deutschland statt

Statt der Türkei erhält der DFB den Zuschlag für 2024. In Ankara spricht man von Rassismus

Von Martin Krauß

Reinhard Grindel war am schnellsten aufgesprungen. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat im schweizerischen Nyon die Entscheidung vernommen, die Aleksander Čeferin aus Slowenien, Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa, verkündet hatte. Sie lautet „Germany“; Deutschland richtet im Jahr 2024 die Europameisterschaft aus. Die Türkei, die sich schon 2008, 2012 und 2016 beworben hatte, dieses Turnier zu veranstalten, hat es wieder nicht geschafft.

Dann durfte Grindel gemeinsam mit dem deutschen EM-Botschafter Philipp Lahm auf die Bühne, um sich zu bedanken für „das unglaubliche Vertrauen“, das die Uefa in Deutschland setze. Grindel sagte gar, dass eine von ­Transparenz und Fairness getragene Bewerbung gewonnen habe.

Bei so viel Vorgabe konnte Lahm nur artig Grindel beipflichten. „Wie der Präsident schon gesagt hat: Wir haben tolle Stadien“, erklärte der frühere Nationalspieler. Vor allem aber sei gewürdigt worden, dass die Deutschen gerne ein großes Fest mit ausländischen Gästen feierten, so Lahm.

Die Istanbuler Tageszeitung Yeni Şafak, die die türkische Regierung unterstützt, titelte hingegen, die Entscheidung sei ein „Ja zu Rassismus“, das Motto von Uefa und dem Weltverband Fifa „Say no to racism“ aufgreifend. Und der bekannte Sportjournalist Şansal Büyüka, beklagte: „Wenn es nur ein winziges Gefühl von Vernunft und Gerechtigkeit gäbe, hätten sie es uns gegeben. Waren wir es, die Mesut Özil gelyncht haben?“ Es habe sich wieder mal gezeigt: Die Uefa sei „auf der Seite der Starken und nicht der der Gerechten“.

Deutlich zurückhaltender äußerte sich der türkische Sportminister Mehmet Muharrem Kasapoğlu: „Wir werden mit unserer Jugend weiterarbeiten. Wir haben nichts verloren.“

Bei den deutschen Reaktionen auf die Entscheidung, nach der WM 2006 und der EM 1988 wieder einmal ein großes Fußballturnier ausrichten zu dürfen, dominiert die Erinnerung an das „Sommermärchen“ vor zwölf Jahren. DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagte, die Entscheidung biete die Gelegenheit, „sich als weltoffener und hervorragender Gastgeber zu präsentieren. „Die Fans aus ganz Europa werden sicher wieder ein großes Fest feiern.“

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lobte den „weltoffenen und verlässlichen Ansatz“ der deutschen Bewerbung, der sich durchgesetzt habe. Frank Steffel, in der CDU/CSU-Fraktion für Sportpolitik zuständig, stellte die Uefa-Entscheidung in einen Zusammenhang mit dem aktuellen Besuch des türkischen Präsidenten in Berlin: „Fußballfan Erdoğan erlebt heute bereits die deutsche Gastfreundschaft, alle anderen Fans begrüßen wir 2024 zu einem europäischen Fest mit Freunden!“ Steffel fügte noch an: „Europe united statt America first!“

Mitarbeit: Ali Çelikkan