Geschwister der Geschichte

DEUTSCHLAND Vor 20 Jahren starb Petra Kelly – das Ende einer Ikone der sozialen Bewegungen und der Grünen. Vor 30 Jahren begann die Kanzlerschaft Helmut Kohls – der Beginn einer bleiernen Zeit. Doch waren Kelly und Kohl wirklich so unterschiedliche Politiker? Beide verband der Wille zum Aufbau Europas jenseits nationaler Egoismen

BERLIN taz | Der Tod kam vermutlich im Schlaf: Heute vor 20 Jahren starb Petra Kelly im Alter von 44 Jahren. Sie wurde im Bett liegend von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian erschossen, der sich danach selbst umbrachte. Kelly stand für den Aufbruch der Gesellschaft, für ein anderes politisches Klima, für eine neue Partei namens Die Grünen. Wer es mit Kelly hielt, der verachtete Helmut Kohl.

Am Tag von Kellys Tod regierte Helmut Kohl seit exakt zehn Jahren als Bundeskanzler Westdeutschland. Kohl stand für Familie, Heimat und Beständigkeit und für eine CDU, wie es sie längst nicht mehr gibt. Wer es mit Kohl hielt, der sah in Kelly eine Gefahr.

Und doch haben Kelly und Kohl, 20 Jahre später betrachtet, einiges gemeinsam. Beide einte der Glaube an ein Europa jenseits nationaler Grenzen. Beide waren dabei von friedenspolitischen Motiven getrieben – mit konträren Konsequenzen: Kohl betrieb die Nato-Aufrüstung, Kelly verlangte die Abrüstung. KLH

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