Die Angst, zu früh zu gut zu sein

SKI ALPIN Beim ungewöhnlich zeitigen Weltcup-Auftakt der alpinen Skifahrer in Sölden ist bereits alles auf den Februar ausgerichtet, auf die Olympischen Spiele in Vancouver

„Eine Frühform zu haben“, sagt Hölzl mit Blick auf Olympia, „das ist nichts“

AUS SÖLDEN ELISABETH SCHLAMMERL

Der alpine Ski-Weltcup beginnt traditionell in Sölden. Allerdings selten so früh wie in diesem Jahr. Dass bereits am vergangenen Wochenende im Ötztal Rennen die ersten Sieger des Winters gesucht wurden, hat einen Grund: Die Olympischen Spiele in Vancouver. Und eine Folge: Die Rennläufer und Rennläuferinnen stecken eigentlich noch mitten in der Vorbereitung. Trotzdem gibt Sölden die ersten Hinweise, wie die Kräfteverhältnisse in den kommenden Monaten verteilt sein können.

Wirklich wichtig aber sind vor allem die zwei Wochen im Februar, in denen die olympischen Medaillen auf den Pisten von Whistler Mountain vergeben werden. „Eine Frühform zu haben“, sagt Kathrin Hölzl nach ihrem siebten Platz beim Riesenslalom von Sölden deshalb, „das ist absolut nichts.“ Die Riesenslalom-Weltmeisterin stand allerdings noch nie im Verdacht, ihren Leistungshöhepunkt am Beginn einer Saison zu haben. Sie ist eine, die im Laufe eines Winters immer besser in Schuss kommt. Die einzigen beiden Podestplätze, die ihr bislang gelangen, heimste sie jeweils in der zweiten Hälfte der Weltcup-Serie ein. Und in der vergangenen Saison war sie beim wichtigsten Rennen in Höchstform, beim WM-Riesenslalom in Val d’Isere. Großereignisse, sagt sie, „die liegen mir. Da bin ich immer gut gefahren.“

Trotzdem würde sie beim Auftakt gerne endlich auch einmal nicht nur vorne, sondern ganz vorne mitmischen. Immerhin hat sich die 25 Jahre alte Bischofswiesenerin mit ihrem siebten Platz schon einmal für die Rennen von Vancouver qualifiziert. Sie darf dabei sein im Kampf um die Olympiamedaillen – wenn sie gesund bleibt. Wie schnell der Traum von Olympia vorbei sein kann, erfuhr die Österreicherin Nicole Hosp. Die Gesamtweltcupsiegerin und Riesenslalom-Weltmeisterin von 2007 zog sich bei einem Sturz im ersten Durchgang einen Kreuzbandriss zu und wird die olympischen Rennen nur am Fernseher verfolgen können. Dass Hölzl beim Riesenslalom, den die Finnin Tanja Poutiainen vor Kathrin Zettel aus Österreich und der Italienerin Denise Karbon gewann, ihr bestes Auftakt-Resultat schaffte, entlockte ihr nur ein gequältes Lächeln. „Auch wenn der Platz okay ist, muss man selbstkritisch sein.“ Einen Grund, sich mit dem soliden, aber eben nicht sehr guten Ergebnis noch lange zu beschäftigen, sieht sie allerdings nicht. „Im Moment mache ich mir nur Sorgen um meinen Zeh.“ Vor drei Wochen hatte eine Blase zu einer Blutvergiftung geführt. Die Wunde schien zwar rechtzeitig vor dem Saisonstart abgeheilt, aber am Freitag entzündete sie sich wieder und bereitete Hölzl eine schlaflose Nacht. Darauf will sie sich allerdings nicht hinausreden. „Der Steilhang hat mir den Schneid abgekauft, ich haben den ersten Durchgang verbremst.“

Viktoria Rebensburg feierte hingegen ihren achten Platz und die damit verbundene Olympiaqualifikation beinahe wie ein Top-drei-Resultat. „Das Ticket gleich im ersten Rennen zu lösen“, sagte die 20-Jährige, „ist eine Befreiung.“ Nun kann die dreimalige Junioren-Weltmeisterin aus Kreuth das tun, was ihr am meisten Spaß macht: weniger zu taktieren und mehr zu riskieren. Selbst Maria Riesch zeigte sich nach ihrem 18. Platz aufgeräumter als die ehrgeizige Hölzl. „Das bewerte ich nicht über. Es wäre ja eine Überraschung gewesen, wenn ich hier ein super Resultat erreicht hätte“, sagt sie. Der Riesenslalom ist seit jeher die schwächste Disziplin der Gesamtweltcupzweiten des vergangenen Winters, für Alpinchef Wolfgang Maier muss das aber nicht so bleiben. „Sie hat auf jeden Fall das Potential für die besten zehn.“

Es ist auch immer eine Frage des Anspruchs. Der ist bei Kathrin Hölzl, der besten deutschen Riesenslalomfahrerin, eben höher als bei den Teamkolleginnen, und das habe, stellt sie fest, nichts mit WM-Gold zu tun. „Mein Ziel war im vergangenen Jahr genau das gleiche. Aber Sölden ist irgendwie nicht so mein Hang.“ Vielleicht liegt es daran, dass das Rennen im Ötztal schon im Oktober stattfindet und nicht erst im Februar.