Offene Arme

Von der Reserviertheit des Abo-Publikums und erfüllten Träumen: Schauspielhaus-Neuzugang Ute Hannig im taz-Gespräch

Interview: Carolin Ströbele

Im Programmheft für die neue Schauspielhaus-Saison fragt sich Intendant Friedrich Schirmer: „Wie nähert man sich, von Süden kommend, Hamburg und dem Schauspielhaus?“ Wir haben die Frage an Ute Hannig (33) weitergegeben. Die gebürtige Hamburgerin wirkte fünf Jahre unter Schirmer am Staatstheater Stuttgart. Zur Saisoneröffnung in Hamburg ist sie in Henrik Ibsens Die Frau vom Meer unter der Regie von Jacqueline Kornmüller zu sehen.

taz: Wie ist es, nach 13 Jahren wieder nach Hamburg zurückzukommen?

Ute Hannig: Ein sehr gutes Gefühl. Die Stadt empfängt mich mit offenen Armen. Es ist toll, meine beiden Kinder in der Stadt zu erleben, auf denselben Spielplätzen, auf denen auch ich als Kind gespielt habe – zum Beispiel in Planten un Blomen.

Mit Ihnen kommen noch einige andere Kollegen aus Stuttgart – macht man einfach weiter in neuer Umgebung?

Ich glaube, es ist eine gute Mischung. Man hat eine vertraute Gruppe und trotzdem einen neuen Start. Ich habe auf keinen Fall das Gefühl, Stuttgart hierher zu transportieren. Dafür kommen auch viel zu viele andere Schauspieler und Regisseure dazu. Allein der Ort des Schauspielhauses ist schon ganz anders.

Welche Beziehung haben Sie zu diesem Theater?

Mein Vater war Bühnenarzt und hat mich als Kind oft mitgenommen. Wir saßen dann immer in der ersten Reihe. Ich habe schon früh gemerkt, dass es ein Ort ist, an dem ich mich unglaublich wohl und lebendig fühle.

Dann hat sich mit dem Engagement hier also auch ein persönlicher Traum erfüllt?

Ein absoluter Traum. Früher bin ich am Bühneneingang gestanden und habe Autogramme gesammelt. Mein Idol war Ulrich Tukur – seinen Hamlet habe ich sechs oder sieben Mal gesehen. Jetzt selbst durch den Bühneneingang zu gehen, ist schon ein komisches Gefühl, weil dieser Traum natürlich auf eine Art entzaubert wird. Wahrscheinlich wird es bald ganz normal.

Inwiefern glauben Sie, dass sich das Hamburger Publikum von dem in Stuttgart unterscheidet?

In Stuttgart gibt es ein unglaublich großes Abonnement. Da gehen die Leute ganz treu über Jahrzehnte ins Theater. Die meisten sind natürlich nicht mehr ganz jung und im Ausdruck auch nicht mehr so leidenschaftlich und enthusiastisch. Ich habe mich schon manchmal gefreut, wenn eine Tür geknallt hat. Dass jemand sich aufregt und wütend wird. Dieses Publikum aus der Reserve zu locken, zu provozieren, war nicht so einfach. Ich glaube, dass das hier in Hamburg unter einem ganz anderen Blick beurteilt wird.

Sind Sie eher der Typ fürs Klassische oder die Frau fürs Moderne?

Ich befürchte manchmal, dass ich eher der Typ fürs Klassische bin. Aber Lust habe ich auf alles Mögliche. Ich würde auch gern einmal eine Komödie machen, wobei das sehr schwer ist.

Welche Kritik geht besonders zu Herzen?

Besonders ernst nehme ich Kritik von meinem Mann, weil er auch Schauspieler ist und mich sowohl privat als auch beruflich sehr gut kennt. Bis jetzt hat sich das immer bewährt, auf ihn zu hören.

War es gleich klar, dass Sie mit Schirmer nach Hamburg gehen würden?

Nein, er hat sich relativ viel Zeit gelassen, Angebote an die Schauspieler zu machen. In der Zeit, als er erfahren hat, dass er das Angebot fürs Schauspielhaper Internetus bekommen hat, war ich gerade in Hamburg. Ich hab ihm dann schnell eine Postkarte mit einem Hamburg-Motiv geschrieben: „Nehmen Sie es bloß an – wehe, Sie sagen ab.“ Später sagte er zu mir: „Ich habe auf Sie gehört.“