KOMMENTAR VON INES POHL ZUR NOMINIERUNG VON PEER STEINBRÜCK ALS KANZLERKANDIDAT DER SPD
: Erst der Peer, dann die Partei

Die Botschaft, die jetzt vermittelt werden soll: Steinbrück kann Krise

Das gab es seit Konrad Adenauer nicht mehr. Zum zweiten Mal in Folge steht schon vor der Bundestagswahl fest, wen die Deutschen ins Bundeskanzleramt wählen. Wer hätte gedacht, dass es ausgerechnet eine Frau aus Ostdeutschland sein würde, der das gelingt. Chapeau, Frau Merkel.

Mit der Nominierung von Peer Steinbrück als SPD-Frontmann steht fest: Die SPD akzeptiert, dass sie es im kommenden Jahr maximal zum Vizekanzler schafft. Größere Visionen gibt es nicht. Und so entspricht es der Verfasstheit der Partei, dass die einzige wirkliche Zukunftshoffnung Hannelore Kraft nicht in einem aussichtslosen Kampf verbrannt werden soll. So weit, so plausibel.

Überhaupt nicht einleuchtend hingegen ist der Zeitpunkt der Verkündung. Monatelang beharrte die Partei darauf, am 24. November erst das Programm und dann den Kandidaten vorzustellen. Basta. Und nun das. Getrieben durch Medienberichte, kürte sie gestern ihren Spitzenmann. So präsentiert sich keine Partei, die eine überlegte und ausgeruhte Strategie verfolgt, an der sie auch in stürmischen Zeiten festhält. Vertrauensbildende Maßnahmen gehen anders.

Die Botschaft, die die SPD mit dem redegewandten 65-Jährigen vermitteln will, ist klar: Steinbrück kann Krise. Zwar musste er sich mit Merkel die gut Idee teilen, den BürgerInnen im Herbst 2008 zu verkünden, dass die Spareinlagen sicher sind. Aber das Bild ist tief im kollektiven Gedächtnis verankert: Der Mann kann mit Merkel auf Augenhöhe Antworten auf die Ängste der Bevölkerung finden. Und von dieser Zuschreibung will die SPD im kommenden Wahlkampfjahr, das natürlich von der Rhetorik der Krisenbewältigung dominiert sein wird, profitieren.

Mit Peer Steinbrück implementiert sie jedoch einen Mann, der wie Gerhard Schröder seiner Verachtung der eigenen Partei freien Lauf lässt. „Wir heulen, wir klagen, wir gucken verkniffen“, schrieb Steinbrück seinen Genossen ins Parteibuch. Auch motivierende Wertschätzung geht anders. Wer sich einen solchen Mann an die Spitze stellt, muss von einem gehörigen Maß Selbstverachtung durchdrungen sein. Deutlicher kann man nicht zeigen: Zuerst kommt der Peer und dann die Partei. Mit einigem Abstand dazwischen.