Lars Penning
Filme aus dem Archiv –
frisch gesichtet
:

Szenen aus dem Alltag der New York Public Library, einer öffentlichen Bibliothek mit über 90 Zweigstellen: Ein Biologe hält einen Vortrag für jene, die in den USA nicht an den Kreationismus glauben. Ein Autor liest aus seinem Buch über den transatlantischen Sklavenhandel und dessen Auswirkungen auf den Islam. Führungskräfte diskutieren öffentlich-private Partnerschaften. Elvis Costello stellt seine Autobiografie vor. Aus Mosaiksteinen wie diesen setzt sich der tolle Dokumentarfilm „Ex Libris“ von Frederick Wiseman zusammen, um schließlich das Bild einer bedeutenden Institution anzunehmen: wie sie funktioniert, was sie repräsentiert und wie sie sich verhält zu ihren vielen Besuchern und Mitarbeitern. Dabei geht um weit mehr als nur um zufällige Beobachtungen. Während die reaktionäre politische Führung der USA momentan auf die Spaltung der Gesellschaft bedacht ist, handelt „Ex Libris“ vor allem von Teilhabe: an außerschulischer Bildung, am Internet, an kulturellen Veranstaltungen. Insofern ist „Ex Libris“ ein klarer Gegenentwurf zum Trump-Amerika der gestrigen weißen alten Männer: ein Film über das bunte Miteinander, die soziale Verantwortung, kulturelle Teilhabe und wichtige gesellschaftspolitische Forschungen (OmU, 10.–11. 11., 13.45 Uhr; FSK; 11. 11., 10.30 Uhr, Hackesche Höfe).

Als durchtriebenes Naturkind mit zerzausten schwarzen Haaren tritt Pola Negri in Ernst Lubitschs Groteske „Die Bergkatze“ (1921) in Erscheinung: Die fesche Räubertochter versucht sich dem in eine abgelegene Grenzfestung strafversetzten Frauenschwarm eines Militärregiments anzunähern. Ein ganz und gar ungewöhnlicher Film: mit vollkommen stilisierten Dekorationen, bizarren Bildcaches (etwa in Form eines Mundes) und Räubern, die „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“ singen (11. 11., 11. 11 Uhr, Zeughauskino).

Dem amerikanischen Schriftsteller Jack London erging es ähnlich wie seinen Kollegen James Fenimore Cooper und Robert Louis Stevenson: Sehr schnell wurden seine eigentlich gar nicht so gedachten Romane zum Abenteuerstoff für jugendliche Leser umgewidmet. Auch der neue luxemburgisch-französische Animationsfilm „Die Abenteuer von Wolfsblut“ von Alexandre Espigares – nach Londons „Wolfsblut“ aus dem Jahr 1906, der Geschichte der schrittweisen Domestizierung eines in der Wildnis geborenen Wolfshundes – zielt in diese Richtung: ein weitgehend stringenter Abenteuerfilm mit einem attraktiven Design der Natur und ihrer BewohnerInnen (8.–11. 11., 16 Uhr, Bali; 9.–11. 11., 14 Uhr, B-ware! Ladenkino; 10.–11. 11., 15 Uhr, Filmkunst 66; 10.–11. 11., 13 Uhr, Intimes).