leserinnenbriefe
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Vorstandssekretärin mit Durchblick

■ betr.: „Mannesmann reloaded“, taz vom 21. 10. 09

Der arme Kritiker, dem es graust und der sich schüttelt vor dem „Aktenschrankcharme“ der Senta Berger (Grimmepreis-verdächtig in ihrem zurückgenommenen Spiel) und einem Kontrast-Igel, der dramaturgisch gar nicht so brrr war, weil er passte zur alleinstehenden Vorstandssekretärin mit Durchblick (die wie in einem Film von Alexander Kluge unauffällig Widerstand leistet)! Auch wenn Herr Grimberg mehr antikapitalistische Action zu mögen scheint, dieser Film hat sich zum Antiheldentyp eine ungewöhnliche (ältere!) Protagonistin gesucht, die sich nicht als „soziale Kapitalistin“ geriert, wohl aber vom neuen amerikanischen Firmenchef nach ihrem Verweigerungsakt gefragt wird: „Bist du Kommunist?“ Drehbuch und Regie lassen sie daraufhin schweigend gehen. Wenn schon mal ein investorprämienkapitalismuskritischer Film das Aufeinandertreffen alter Firmenethik mit neukapitalistischer Officewelt zeigt und die Funktion von Sekretärinnen/Office-Managerinnen (weibliche Arbeits- und Lebenswelten) thematisiert, und das zur besten Sendezeit im Ersten Programm, dann muss ich in der taz Herrn Grimbergs Schlotterkritik lesen. Tags zuvor außerdem eine ganze Seite Interview mit einer netten Nebenrolle, der jungen Hannelore aus dem platten ZDF-Film über Kohl, die war hübsch und fröhlich und vor allem politisch harmlos … wer gewichtet eigentlich diese Themen in der taz? UTE REMUS, Brühl

Taschenspielertrick

■ betr.: „Koalitionsverhandlung“,taz vom 21. 10. 09

Mit diesem geplanten Taschenspielertrick zu Lasten aller Steuerzahler hat sich die schwarz-gelbe Koalition schon vor ihrem Antritt selbst disqualifiziert.

Bezeichnend wird sein, dass in diesem Fall die Springer-Presse nicht monatelang von „Skandal“ und „Wahllügen“ schreiben werden.

KURT LENNARTZ, Aachen

Bad Government

■ betr.: „Kritik am Schattenhaushalt“, taz vom 21. 10. 09

Nachdem die Geschäftsbanken ihre Verluste in eine Bad Bank ausgliedern, will die künftige Bundesregierung es ihnen gleichtun. Vielleicht sollte sie die zusätzlichen Schulden nicht in einen Schattenhaushalt oder eine Bad Bank auslagern, sondern gleich in einen Bad State. Das Bad Government dafür haben wir ja schon.

INGO GANZ, Berlin

Männer, lasst euch sterilisieren!

■ betr.: „Großdemo gegen Abtreibung“, taz vom 19. 10. 09

Das Foto zum Artikel zeigt junge Männer mit offenbar von einer Organisation gedruckten Plakaten, die ein Nein zur Abtreibung und ein Ja zum Leben verkündeten, beides vor dem Hintergrund eines krabbelnden Babys. Selbst wenn dieses Foto nicht repräsentativ für die Teilnehmenden an der Demo ist, so mutet es trotzdem seltsam an. Ebenso wie die Tatsache, dass sich die Demonstrierenden gegen abtreibungswillige Frauen und ÄrztInnen wenden, die den Eingriff vornehmen. Bei solchen Märschen ist es ja beliebt, mit dem ausgestrecktem Finger auf die Gegner zu zeigen; das ändert auch hier nichts an dem Wahrheitsgehalt, dass dann immer vier Finger auf die Person selbst zeigen. Und so habe ich mir vier Plakate fantasiert, die die Glaubwürdigkeit ihrer Träger wesentlich erhöhen würden. Hier sind sie: Verhindert ungewollte Schwangerschaften – nehmt Kondome –, ich tue es auch! Partnerschaftliche Verhütung – Männer, lasst euch sterilisieren –, ich hab’s getan! Väter, drückt euch nicht vor Unterhaltszahlungen, sagt „Ja“ zu euren Kindern! Väter, teilt die Verantwortung für eure Kinder in Zeit und Geld – entlastet die Mütter!

URSULA MÜLLER, Kiel