Stephanie Grimm
hört auf den Sound der Stadt
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Gleich zum Wochenauftakt darf man sich entscheiden zwischen Dystopie und Utopie. Doof nur, dass man für beides auf den Schwarzmarkt sein Glück versuchen muss. Erst mal zur Utopie: Als solche würde der Schauspieler und Musiker Robert Gwisdek – zusammen mit seinem Bruder Johannes und Band tritt er als Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi auf – seinen verspulten Metakommentar-Hiphop vermutlich gar nicht bezeichnen. Doch allein, dass jemand so leidenschaftlich an das Potenzial von Sprache glaubt, wie es der dadaistische Gedankenakrobat offenbar tut, hat in Zeiten wie diesen etwas Utopistisches. Zu erleben am Donnerstag in der Columbiahalle (20 Uhr, Columbiadamm 13–21, ausverkauft). Am gleichen Abend spielen Nitzer Ebb im Berghain (22 Uhr, Am Wriezener Bahnhof, ausverkauft), Wegbereiter der EBM (Electronic Body Music) – einem Genre, das derzeit als Inspirationsquelle in unterschiedlichsten Kontexten wiederentdeckt wird. Der Proto-Techno steht für aggressive, repetitive Rhythmen. Im Fall der 1985 gegründeten Band, die gerade ihr zweites Comeback hat, untermalt von munter wütendem Geshoute. Es ist 32 Jahre her, dass sie rauskloppten: „Where is the youth / Youth / Youth / Youth / Youth / Youth / Youth / It's time to know“. Doch die Frage, wo die Jugend und die gefühlt Jungen eigentlich stehen, ist ja grade wieder ziemlich aktuell.

Ebenfalls mit musikalisch minimalistisch daherkommendem Electro-Punk agieren Chrissy Nichols und René Riewer aka Prada Meinhoff ihre Wut aus. Die Songs tragen Titel wie „Brand“, „Maske“, „Krieg“. Da verzeiht man auch den koketten Bandnamen, den angeblich der Namensgenerator auf der Seite des Wu Tang Clans zu verantworten hat. Das Duo präsentiert ihr großes Spektakel am Freitag im Bi Nuu (20 Uhr, U-Bahnhof Schlesisches Tor, 12 Euro)

Ebenfalls spektakelig wird es wohl bei King Khan zugehen. Diesmal ist er nicht mit seiner Psychedelik-Soul-Combo The Shrines unterwegs, sondern als eine Hälfte des Garage-Rock-Duos The King Khan & BBQ Show. Der vielleicht tollste Performer des Berliner Undergrounds beeindruckte mit Mitstreiter Mark Sultan bei dem letzten Auftritt im Quasimodo so sehr, dass man ihre Konterfeis an die Wand pinselte. Jetzt kehren sie zurück, ebenfalls am Freitag (22 Uhr, Kantstr. 12, 16,60 Euro).

Bevor dann die jahresendbedingte Saure-Gurken-Zeit für Konzertgänger losgeht: Bitte unbedingt einer Legende die Ehre erweisen, beim CAN-Abend am Sonntag in der Volksbühne (20 Uhr, Rosa-Luxemburg-Platz, 36,50 Euro, Restkarten an der Abendkasse).