Im Labyrinth der Ankunft

Auffallend viele KunststudentInnen an der Bremer HfK kommen aus asiatischen Ländern. Hier gibt‘s erstmal einen Kulturschock, der oft bestimmend für das gesamte weitere Arbeiten ist

Das Labyrinth sticht ins Auge. Es ist ein Symbol, das sich durch die Arbeiten der jungen Künstler zieht, die aus China oder Korea nach Deutschland gekommen sind. An der Bremer Hochschule für Künste (HfK) studieren sie Bildhauerei oder Malerei. Den Ortswechsel und die Zerrissenheit zwischen den Kontinenten drücken sie in ihren Arbeiten aus.

Als einen „Salzweg“ bezeichnet Hyungon Ahn die sechs Jahre, die er seit 1999 in Deutschland verbracht hat. Die Zeit sei schwierig und instabil, gleichzeitig sehr lebendig gewesen. Die Orientierungslosigkeit und die Suche, die Ahn nach seiner Ankunft in Europa empfunden hat, drückt er mit einem Labyrinth aus, das er für das Diplom der Freien Kunst gebaut hat. Auf dem Boden hat er Holzleisten aneinandergelegt und mit Salz bestreut. Salz sei Symbol für das Leben, für das Gute und das Schlechte gleichermaßen.

Im Fachbereich Bildende Kunst sind an der HfK derzeit 415 Studierende eingeschrieben, davon kommen 74 aus dem Ausland – allein 40 aus Asien. „Sie erleben einen Kulturschock, wenn sie nach Deutschland kommen“, berichtet Bernd Altenstein, Professor für Bildhauerei, über die Studenten in seiner Klasse. „Sie bringen ihre Kultur in den Herzen mit und erfahren die Freiheit in westlichen Gesellschaften – auch die Verlorenheit des Einzelnen.“ Sein Schüler Heng Xu habe seine ganze Arbeit unter dieses Thema gestellt.

Xu ist Chinese und kam Ende 2001 aus Shenyang nach Deutschland – „um eine andere Welt kennen zu lernen“, sagt er. Für ihn sei es hart gewesen, er habe sich ziemlich allein gefühlt. Die Eindrücke des Ankommens hat er, wie Hyungon Ahn, in Form eines Labyrinths verarbeitet. Die meisten Asiaten, die an der HfK eingeschrieben sind, haben bereits ein Kunststudium in ihrer Heimat abgeschlossen. Im Gegensatz zum Studium an der HfK, das viel Wert auf die Ideen der Arbeiten legt, haben sie in einer sehr strukturierten Ausbildung gelernt, mit Techniken und Materialien umzugehen. „Doch diese Ebene müssen sie verlassen“, sagt Rolf Thiele, Professor für Freie Kunst. Schließlich sei Kunst Kommunikation und Experiment, aber kein Handwerk.

Genau diese verschiedenen Zugängen, Kunst zu lernen, sei der große Vorteil eines Studiums in Deutschland, erzählt Eun Kyung Lee. Die 33-jährige Koreanerin kam vor sechs Jahren mit ihrem Mann aus Seoul nach Deutschland. Deswegen sei sie weniger einsam gewesen, trotzdem habe sie in den ersten Jahren in ihren Bildern überwiegend dunkle Farben benutzt, mit harten Linien gemalt – und Knochen dargestellt. Dies sei Ausdruck dafür gewesen, welcher Druck auf ihr lastete, interpretiert Kyung sich selbst. Mittlerweile male sie Blumen, erzählt sie. Diese Veränderung sei ihr jedoch erst im nachhinein aufgefallen.

Ahn, Xu und Lee – sie alle hat neben dem vergleichsweise gut finanzierbaren Studium vor allem die Wahlfreiheit, die sie in der deutschen Kunstausbildung haben, nach Europa gelockt. „Kunst ist immer etwas Fremdes“, sagt Thiele „daher können gerade die deutschen Studenten von dem kulturellen Austausch etwas lernen.“ Saskia Richter

Hyungon Ahn: „Zeichnungen auf Leinwand“, Atelier Brandt Credo in der Meyerstraße 145. Bis zum 23. Oktober, Sonntags 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung ☎ 55 84 55