Keine „Einheitslehrer“ mehr in Schleswig-Holstein

CDU-Bildungsministerin Karin Prien will die Lehramtsausbildung wieder trennen. Heute stimmt der Kieler Landtag über das Reformvorhaben ab

Aus Kiel Esther Geißlinger

Für die CDU-Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien, ist es ein „Signal für junge Menschen, die Lehrer werden wollen“ – für Martin Habersaat von der oppositionellen SPD hingegen „eine Rolle rückwärts in der Bildungspolitik“. Der Streit um die geplante Ausbildungsreform von PädagogInnen, die der Kieler Landtag am heutigen Mittwoch beschließen könnte, hat eine Vorgeschichte. Die SPD nämlich ist mit verantwortlich dafür, dass angehende LehrerInnen in Schleswig-Holstein allesamt gemeinsam auf „Sekundarschullehramt“ studieren, egal, an welcher Schulart sie später arbeiten wollen.

Eine Regelung, die die CDU schon lange wieder rückgängig machen will. Deshalb soll künftig im Studium bereits wieder deutlich sein, wer später im Gymnasium und wer in der Gemeinschaftsschule unterrichten wird. So will Prien das Studium räumlich trennen. Angehende GymnasiallehrerInnen studieren künftig wieder in Kiel oder an der Musikhochschule Lübeck, angehende GemeinschaftsschullehrerInnen in Flensburg, mit mehr Fokus auf Pädagogik. An der Uni gibt es bereits die Schwerpunkte Inklusion und Sonderpädagogik. Am Mittwoch stimmt der Landtag über die Gesetzesänderung ab, die Zustimmung der Koalitionsfraktionen CDU, Grünen und FDP scheint sicher.

2014 führte die damalige Regierung aus SPD, Grünen und der Partei der dänischen und friesischen Minderheit, SSW, den Studiengang für ein gemeinsames Lehramt in höheren Klassen, also der Sekundarstufe II, ein. Die Idee: Da es im Land keine Haupt- und Realschulen mehr gibt und sowohl Gemeinschaftsschulen als auch Gymnasien bis zum Abitur führen, sollten die Lehrkräfte so ausgebildet sein, dass sie hier wie dort unterrichten können. So lässt sich auch vermeiden, dass Mitglieder eines Kollegiums dieselben Fächer in denselben Klassen lehren, aber unterschiedlich verdienen.

Kritik kam vom Philologenverband, der Vertretung der Gymnasiallehrkräfte. Die Universitäten in Kiel und Flensburg stritten wochenlang, wer künftig welche Studiengänge anbieten dürfte. CDU und FDP fürchteten Geldverschwendung durch Doppelstrukturen an mehreren Uni-Standorten. Vor allem die CDU wetterte gegen das Modell des „Einheitslehrers“.

Mit der Gesetzesänderung, die im Februar 2019 in Kraft treten soll, fahren „CDU und FDP eine Trophäe ein in ihrem Kampf gegen den vermeintlichen Einheitslehrer“, sagt Bernd Schauer von der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) der taz. Die Regierung täte zukünftigen GymnasiallehrerInnen aber keinen Gefallen, so Schauer: „Viele von ihnen werden an Gemeinschaftsschulen landen und sind dann für den Unterricht in heterogenen Gruppen schlechter vorbereitet.“ Die Aufspaltung sei „unsinnig“.

Die Lehrkräfteausbildung gehörte zu den Punkten, über die bei den Koalitionsverhandlungen für die Jamaika-Koalition, die seit Sommer 2017 regiert, hart gestritten wurde. Schließlich hatten die Grünen die aktuelle Regelung mitentschieden. Heraus kam ein Kompromiss, sagt Lasse Petersdotter von der Grünen-Landtagsfraktion: „Ich sehe weder einen Grund für die Aufregung bei der SPD noch Anlass für die Euphorie der CDU.“ Für die Kinder sei es kein Unterschied, wo ihre Lehrkräfte ausgebildet wurden. Petersdotter kritisiert aber, dass pädagogische Inhalte für die künftigen Gymnasialkräfte wegfallen: „Das bräuchten sie eigentlich.“