DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Härter als „Mad Men“

WAS SAGT UNS DAS? „Homeland“ setzt sich bei den Emmys durch. Die Thriller-Serie bringt Aktualität ins US-Unterhaltungsfernsehen

Die Emmys sind im Heute angekommen. Nicht mehr der rauchende, coole und doch verletzte Werbetyp der 1960er Jahre, sondern eine gestörte, ehrgeizige CIA-Agentin und ein kriegstraumatisierter Ex-Marine, der mutmaßlich zum Terroristen wurde, hat die Jury ausgezeichnet.

Die Serie „Homeland“ bekam bei der Verleihung am Sonntag in Los Angeles vier Emmys, unter anderem für die beste Dramaserie. Die Serie „Mad Men“ über eine Werbeagentur in New York in den 1960er Jahren ging überraschend leer aus. „Mad Men“ hatte in den Jahren 2008 bis 2011 viermal hintereinander den Emmy als beste Dramaserie bekommen.

In „Homeland“ geht es um die aktuelle Bedrohung durch einen US-Soldaten, der vermutlich die Seiten zu al-Qaida gewechselt hat. Hinter ihm her ist eine bipolare CIA-Agentin. Zuerst ist sie überzeugt, er sei zum Terroristen geworden, schließlich merkt sie, dass sie sich in ihn verliebt hat. Claire Danes hat dafür den Emmy als beste Hauptdarstellerin bekommen – vollkommen zu Recht. Und auch Damian Lewis hat den Preis als bester Hauptdarsteller verdient. Man will, dass er auffliegt, und hofft, dass er durchkommt. „Homeland“ ist der Sonntagabend-Thriller im Serienformat, also ohne Auflösung am Schluss.

Es ist wohl sogar in den Unterhaltungsformaten wieder an der Zeit, sich mit aktuellen Themen zu befassen. „Homeland“ ist härter als „Mad Men“. Von der Konsumkritik in „Mad Men“ haben sich die Emmy-Verleiher ab- und der Politik zugewandt: Krieg gegen den Terror und den US-Politikbetrieb statt Werbung für Zigaretten. Von der leichten Depression bei „Mad Men“ geht es zur handfesten Neurose in „Homeland“ und vom Rauchen zum Medikamentenmissbrauch. Geblieben ist, als Motiv, der Krieg. In „Homeland“ ist er gegenwärtig, dringt ins Wohnzimmer ein. Familienleben ist in beiden Serien wichtig und in beiden Serien gestört. Läuft halt nicht und gehört doch dazu.