EU rügt griechische Flüchtlingspolitik

ASYL EU-Justizkommissar kritisiert die Behandlung von Flüchtlingen durch griechische Behörden: Falls europäische Mindeststandards nicht eingehalten werden, gibt es ein Vertragsverletzungsverfahren

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission droht Griechenland mit einem Verfahren wegen schlechter Behandlung von Flüchtlingen. EU-Justizkommissar Jacques Barrot kündigte gestern gegenüber der taz an, er werde Anfang November nach Griechenland reisen, um sich selbst ein Bild über die Lage in den dortigen Flüchtlingslagern zu machen. Sollte das griechische Verfahren europäischen Mindeststandards nicht entsprechen, wolle die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten: „Griechenland muss die Gesetze befolgen, was es nicht immer tut.“

Die menschenunwürdigen Zustände in griechischen Flüchtlingslagern hatten in den vergangenen Monaten wiederholt zu Protesten geführt. Erst vorletzte Woche war ein pakistanischer Flüchtling unter ungeklärten Umständen in Athener Polizeigewahrsam zu Tode gekommen. Im Sommer gab es Protestaktionen gegen die laut UNHCR „systematische Internierung“ von ankommenden Papierlosen, auch Kindern, in heillos überfüllten Insellagern. Im September stoppte das deutsche Bundesverfassungsgericht deswegen die Abschiebung eines Irakers nach Griechenland.

Der EU-Kommissar stellte gestern in Brüssel zwei Änderungsvorschläge zur europäischen Asylgesetzgebung vor, um den Umgang mit Flüchtlingen in der EU einheitlich zu gestalten. Die bestehende Richtlinie, die den Kreis der Asylberechtigten EU-weit einheitlich festlegt, sowie die Richtlinie über Mindeststandards bei Asylverfahren sollen überarbeitet werden. Es gibt zwar bereits einheitliche Regeln, sie werden aber in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgelegt.

Die neuen Vorschläge müssen nun von EU-Parlament und EU-Ministerrat beraten werden, was zwei Jahre dauern kann. Flüchtlingsorganisationen kritisieren, das in der Genfer Konvention vereinbarte Grundrecht auf Asyl werde weiter eingeschränkt. Protest regte sich gestern auch gegen eine französisch-britische Sammelabschiebung von afghanischen Asylsuchenden nach Kabul. DANIELA WEINGÄRTNER

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