Insel der Idioten

Deutschland (16) – die wöchentliche Kolumne aus der Republik von Henning Kober. Heute: Vom Grellen

Alles beginnt, als mein Begleiter Alexis strahlend ins Zimmer stürzt: „Abflug zum Crystal Beach, morgen Früh, hab uns Flüge gebucht.“ Meine Einwände räumt er mit Euphorie auf: „Das Meer! Die Wellen! Das Licht!

Wir gehen am Morgen also nicht schlafen, sondern fahren zum Flughafen. In der 717 der Bangkok Air sitzt der Westen in Flip-Flops. Mieten ein Auto, fahren über Schlagloch-Straßen und checken am stillen Coral Crove Cliff ein. Alles sehr idyllisch, das Meer, die Wellen, das Licht.

Dann merke ich, wo wir sind: auf einer Insel, auf die 1971 der erste Tourist kam, die seit „The Beach“ weltberühmt ist. Verfahren uns am Abend in Chaweng, dem größten Ort der Insel. Hören mein aktuelles Marc-Bolan-Lieblingsalbum „You Scare Me To Death“. Mit dem verspiegelten Scheiben-Suzuki-Jeep in eine Seitenstraße, alle Neonfarben blinken. Ein deutlich unter 14-jähriges Mädchen mit weit aufgeblühten Pupillen versperrt den Weg, tanzt ihren Slip nach unten. Springt zur Seite, greift durch das offene Fenster in mein Gesicht, schnapp meine Basecap, gibt es auf Anweisung des so dastehenden Polizist zurück. Willkommen im Ghetto der westlichen Sehnsucht, Heimat Hölle.

Halten eine Straße weiter, Rauchen, trinken ein Bier gegen den Schreck. Steigen aus zwischen Ständen voll Trash: Nike, Rolex, Louis Vuitton, DVDs, Chagall-Bilder, alles raubkopiert.

Adolf Hitler hängt eine Ecke weiter, als Gummimaske. Neben Dr. Helmut Kohl. Deutschlands berühmteste Köpfe kosten 250 Bath, ungefähr fünf Euro.

Kaufe dann doch ein Drachen-Schwert. Auf der Insel der Idioten musst du dich schützen.