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: Drei Tote und neun Verletzte bei Anschlag in Utrecht

Die Motive des 37-jährigen Tatverdächtigen, der in einer Straßenbahn in der niederländischen Stadt um sich schoss, waren bis zum Abend unklar. Die Behörden schlossen Terror nicht aus

Das Neue

Wer steht hinter der Tat und mit welchem Motiv? Klar ist nur, dass die niederländische Universitätsstadt Utrecht Montagvormittag gegen 10.45 Uhr von einem Gewaltakt erschüttert wurde. Mehrere Schüsse fielen in einer lokalen Tram auf einer belebten Kreuzung im Westen der 340.000-Einwohnergemeinde. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, neun weitere wurden verletzt, einige von ihnen schwer.

Die Behörden gehen von einem Einzeltäter aus, der niederländische Antiterrordienst NCTV arbeitetet mit der Polizei vor Ort zusammen. Diese gab ein Überwachungsfoto aus der Tram frei. Es zeigt den der Tat verdächtigten 37-jährigen, türkeistämmigen Gökman T. Er stand unlängst wegen eines Vergewaltigungsdelikts vor Gericht. Ob die Gewalttat terroristisch motiviert ist, einen dschihadistischen oder einen familiären Hintergrund hat, oder eine Rache für den Verwaltigungsvorwurf ist, war bis Redaktionsschluss unklar.

In der Provinz Utrecht galt bis auf weiteres die höchste Terrorwarnstufe. Alle städtischen Moscheen wurden vorsorglich evakuiert. Außerdem riet die Polizei Anwohner*innen zunächst, drinnen zu bleiben, hob dies am frühen Abend aber wieder auf. Die Uni von Utrecht wurde sofort geschlossen. Auch andere niederländische Gemeinden fuhren ihre Sicherheitsmaßnahmen hoch.

Der Kontext

Die Gewalttat von Utrecht fällt in eine politisch und atmosphärisch angespannte Stimmung in den Niederlanden. Die jüngste Terrorattacke gegen Muslime in Neuseeland hat das Land betroffen gemacht. Ein Land, in dem viele Muslime mit meist niederländischer Nationalität leben. Populististische Stimmungsmache gegen andersgläubige, nicht säkular denkende Menschen, kommt häufig vor, besonders die Partei für die Freiheit (PVV) und deren Chef Geert Wilders. Der niederländische Staat versucht momentan fundamentalistische Entwicklungen an freien muslimischen Schulen im Land zu unterbinden. Anders als in Deutschland, können in Holland muslimische Gemeinden unkompliziert und finanziell unterstützt vom Staat Vollzeitschulen gründen.

Die Reaktionen

„Aufgeschreckt und tief verletzt.“ So bezeichnete der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte von der rechtskonservativen VVD-Partei, die eine höchst wackelige landesweite Koalition anführt, die Stimmung Stunden nach der Tat. Der Anschlag sei „vermutlich terroristischer Natur“. Es gebe nur eine Antwort darauf: „Unsere Demokratie ist stärker als Fanatismus und Gewalt.“ Die niederländische Polizei hatte am Morgen sofort ihren eigentlich für Montag geplanten Streik ausgesetzt.

Die Konsequenz

Einhellig haben die niederländischen Parteien ihre Kampagnen zu den am Mittwoch landesweit stattfindenden Provinzwahlen unterbrochen. Wie sich der Anschlag auf deren Ergebnis auswirkt, ist unklar. Die deutsche Bundespolizei verstärkte sofort massiv ihre Grenzschutzmaßnahmen.

Harriet Wolff, Amsterdam