ALLES GANZ LEICHT UND DEM HIMMEL SO NAH
: Frivole Tänze in Weiß und Rot

VON STEPHAN REINHARDT

2011 Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett, Markus Molitor

Es ist ja nicht so, dass es nichts anderes als Riesling gibt bei den Weißweinen. Ich könnte leicht auch mal über einen Weißburgunder schreiben. Aber Alexander Laibles badischer Grauer Burgunder „SL“ 2011 war ganz schwer in Ordnung, weil unerhört spannungsreich und nachhaltig, ohne dem mit enormem Körpergewicht nachzuhelfen. Silvaner habe ich hier oft genug erwähnt und ich könnte immer weitermachen damit (Rudolf Mays trockenem Kabinett „Wellenkalk“ 2011 aus Franken etwa). Jetzt aber muss es doch wieder ein Riesling sein, denn am Ende sticht er sie eben doch alle aus. Markus Molitors 2011er Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett ist schlicht einer der genialsten Kabinettwene des Jahrgangs. Gut, zugegeben: er ist süß, hat also nicht allen natürlichen Traubenzucker vergären können, vielmehr: sollen. Denn ein Markus Molitor weiß ja schon bei der Lese, was er mit Most und Wein anstellen will. Da er also nicht trocken gären sollte, sondern sinnlich verspielt, frivol und tänzerisch die Zunge erobern sollte, ist sein Alkoholgehalt bei leichten 7,5 vol.-% Alk. stehen geblieben. Das hat den Vorteil, dass man gleich zwei Flaschen davon trinken kann – und selbst dann ist man nicht betrunken, sondern allenfalls verrückt, entrückt, dem Himmel so nah. Dabei ist das duftige Bukett noch vornehm zurückhaltend, ja beinahe kühl in seiner feinen, schieferwürzigen und floralen Art. Am Gaumen aber folgt dem rassigen Auftakt ein ungemein saftiger und fleischiger Riesling von herrlichster Eleganz und Finesse, der seine Süße allein aus der reifen Traube bezieht. Man darf ihn jetzt schon trinken, kann sich aber auch so viele Flaschen davon kaufen, wie man in den nächsten 20 Jahren trinken möchte. Bei dem Preis (rund 12 Euro) gar keine überzogene Idee. Man bräuchte halt Platz.

Bezug: markusmolitor.com , wo auch Berliner Bezugsquellen genannt werden. Der Wein kommt erst Ende September auf den Markt.

2011 Spätburgunder, Holger Koch

Kommen wir zum Rotwein, der hier nun mal hingehört, auch wenn (noch) Sommer ist, Sie eine Tannin- oder Hystaminallergie zu haben glauben und überhaupt – Rotwein viel zu schwer finden, um den Weißen ersetzen zu dürfen. Doch auch hier gibt es in kühle Seide gewandte Tänzer, die ihre Fruchtaromen gekonnt zu jonglieren verstehen. Holger Kochs Spätburgunder vom südwestlichen Kaiserstuhl gehört dazu. Und obgleich dieser Wein sein preiswertester ist, mag ich ihn am liebsten, denn ich bin ein Zecher und brauche mein Weinglas nicht anzustaunen. Die Farbe des Weins leuchtet animierend dunkel und frisch aus dem Glas und so strahlen auch die präzise gezeichneten dunklen Beeren- und Kirscharomen, die nichts von badischer Überreife oder gar Rosenblättern haben. Das Ganze ist fein gewürzt und zwingt zum ersten Schluck, der an Fruchtfrische und kühler, seidiger Eleganz keine Wünsche offen lässt. So schmeckt ein Wein, wenn er delikat schmeckt. Die Gerbstoffe sind animierend pikant und nie auftragend, was bei dem eher leichten Körpergewicht auch nicht angemessen wäre. Dass dieser biologisch-dynamisch wirtschaftende junge Holger Koch sein Handwerk versteht, beweist er nun schon seit zwölf Jahren, aber kaum eindrucksvoller als mit diesem Einstiegsburgunder für Burgunderfans.

Bezug: www.viniculture.de für 9,30 Euro.