Airbus-Stau in Neuenfelde

FEHLPLANUNG Der Verkehr hat seit dem Ausbau des Airbuswerks zugenommen. Durch A 26 und Finkenwerder Umgehung könnte er weiter wachsen. Eine Umgehung für Neuenfelde hat Schwarz-Grün ausgeschlossen

Hamburgs Teil des Alten Landes, die Dritte Meile, muss immer mehr Infrastrukturprojekte verkraften.

■ Die Airbus-Werkspiste ist nach Süden verlängert worden.

■ Eine Ortsumgehung für Finkenwerder wird südlich der Alten Süderelbe gebaut.

■ Die Autobahn A 26, die einmal von Stade nach Hamburg führen soll, durchschneidet das Gebiet auf halber Strecke zwischen Francop / Neuenfelde und Neugraben-Fischbek.

■ Neue Zufahrten erhielten die Logistikbetriebe an der Autobahnauffahrt Waltershof.

Durch den Ort Neuenfelde im Alten Land fährt alle paar Wochen ein Laster mit Polizei-Eskorte. Er bringt die Seitenleitwerke für den Riesenairbus A 380, der im benachbarten Flugzeugwerk montiert wird. Wegen ihrer hoch aufragenden Fracht müssen die Laster auf der falschen Seite fahren – andernfalls würden sie die Peitschenlampen der Straßenbeleuchtung rasieren.

Die Lastwagen mit dem Sperrgut sind sichtbarer Ausdruck der Veränderungen, die sich für Neuenfelde durch den Ausbau der Flugzeugfabrik ergeben haben. Nicht nur, dass die Werkspiste bis auf 300 Meter an das Obstbauerndorf heran gerückt ist – auch der Verkehr hat stark zugenommen.

Nach Angaben von Gutachtern, die auch von der Stadtentwicklungsbehörde als im Groben korrekt angesehen werden, fahren heute rund 8.000 Autos täglich auf der Nord-Süd-Achse durch Neuenfelde: Mitarbeiter des Airbus-Werks, Lieferanten und Baustellenfahrzeuge. Sollte die Autobahn A 26 von Stade nach Hamburg einmal fertig sein, könnten es täglich 12.000 werden.

„Die Straßen Marschkamper und Nincoper Deich sind auf den Deichfuß gebaut worden“, sagt der Neuenfelder Peter G. Bartels. „Die Deiche sind 300 bis 400 Jahre alt – entsprechende Bauschäden haben wir.“ Ernst Rehder, der sich wie Bartels der Bürgerinitiative Marschkamper Deich angeschlossen hat, erzählt vom Begegnungsverkehr, der auf die Gehsteige ausweicht und von Staus morgens und abends. Durch Neuenfelde führt der kürzeste Weg von der B 73 (oder künftig der A 26) zum Airbus-Werk und zur Sietas-Werft.

Schon heute leide der Ort unter den Lastern, die die Autobahnmaut zu vermeiden suchten. Nicht nur Rehder glaubt, dass das erst der Anfang ist: Neu Wulmstorf soll eine Umgehungsstraße erhalten, was das Ausweichen von der Autobahn noch attraktiver macht. Das Airbus-Werk wird ein neues Haupttor vor Neuenfelde erhalten. Die A 26 wird zusätzlichen Verkehr anziehen. Niemand werde von Westen bis zur A 7 und über die Ortsumgehung Finkenwerder zurück zu Airbus fahren. Dazu kommen neue Wohn- und Gewerbegebiete in Neugraben-Fischbek.

Ob und wie Neuenfelde von diesem Verkehr entlastet werden soll, ist eine offene Frage. In der Stadtentwicklungsbehörde wird dazu nichts geplant. Zu gegebener Zeit werde die Behörde über „verkehrslenkende Maßnahmen nachdenken“, sagt deren Sprecherin Helma Krstanoski.

Eine Lösung, die schon vor 40 Jahren zum ersten Mal geplant wurde, liegt derzeit auf Eis: die sogenannte Fluchttrasse, eine Straße direkt zum Airbus-Werk unter Umgehung Neuenfeldes. GAL und CDU haben in ihrem Koalitionsvertrag diese Straße ausdrücklich ausgeschlossen, um den Raum nicht noch mehr zu belasten.

Der Landschaftsplaner Hans-Detlef Schulze, der sich über Jahrzehnte mit dem Gebiet befasst hat, hält das für einen Fehler. Wenn die Autobahn komme, müsse zu Gunsten des Dorfes auch die Fluchttrasse gebaut werden, sagt er. Die Ortsumgehung Finkenwerder bringe Neuenfelde keine Entlastung. „Wenn man für die Bevölkerung was tun will, muss die Fluchttrasse gebaut werden“, sagt auch Rehder von der Anwohnerinitiative.

Der Harburger CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer vermisst beim schwarz-grünen Senat ein Gesamtverkehrskonzept für den Süderelberaum. Dieses müsse auch berücksichtigen, ob und in welcher Form eine Querverbindung durch den Hafen, die „Hafenquerspange“, gebaut werde. GERNOT KNÖDLER