Sponsoring? Na Logo!

Kulturelle Einrichtungen wie Theater und Festivals sind längst auf Finanzhilfen aus der Wirtschaft angewiesen. Damit erkaufen sich Konzerne ein positives Image – nicht ungefährlich für die Kultur

VON TINA HÜTTL

Stilles Mäzenatentum hat in Berlin Tradition. Ohne großzügigen Stifter gäbe es keine Sammlung Berggruen, Marx oder Newton. Im kulturellen Bereich hinzugekommen sind in den vergangenen Jahren auch vermehrt Sponsoring-Aktivitäten durch Unternehmen mit Sitz in Berlin. Förderte der Mäzen zumeist aus altruistischen Motiven – womöglich gepaart mit persönlicher Eitelkeit – Künstler finanziell oder überließ seine Schätze großzügig der Öffentlichkeit, bestehen beim Sponsor durchaus direkte vordergründige Vermarktungsinteressen. Und immer selbstverständlicher werden inzwischen Konzessionen von der Kultur in Kauf genommen. Gerade in Zeiten der klammen öffentlichen Kassen und Sparhaushalte sind Sponsorengelder für viele Einrichtungen eine – wenn nicht gar die letzte – Rettung.

Als der Unternehmer Peter Dussmann kürzlich vor Studenten der Freien Universität über die private Finanzierung der Staatsoper Unter den Linden sprach, fragte er provokant in den Raum: „Warum soll denn nicht ‚Siemens‘ auf dem Vorhang der Oper stehen?“ – schließlich sei das allemal besser, als auf einer maroden, einsturzgefährdeten Bühne zu spielen. Die Studenten waren empört. Doch was sich Dussmann wünscht, ist schon längst üblich – selbst an der Lindenoper, auch wenn der großzügige Hauptsponsor noch fehlt. Wie in fast allen namhaften Kulturinstitutionen existiert hier ein Förderverein, der sich um Geld von privaten Spendern und Sponsoren bemüht.

Nicht nur die großen Häuser, auch kleinere Einrichtungen wie etwa das Grips Theater profitieren von Firmengeldern – in diesem Fall dem der Gasag (siehe Text unten). Ohne die Industrie wäre die Stadt um viele kulturelle Festivals ärmer, etwa die „Young Euro Classic“-Konzerte (Geldgeber: BMW) am Gendarmenmarkt. Eher einmalig ist da der Glücksfall, dass ein britischer Millionär dem Technikmuseum für 5,5 Millionen ein Grundstück spendiert – einfach so.

Nicht immer wird aber auf eine Gegenleistung verzichtet. Am häufigsten verlangen Geldgeber das „Branding“, also die öffentlichkeitswirksame Kennzeichnung mit dem Namen des Sponsors. So trägt das Guggenheim Museum in Berlin das Logo der Deutschen Bank, DaimlerChrysler nennt seine wechselnden Ausstellungen zeitgenössischer Kunst ungeniert „DaimlerChrysler Contemporary.“ Klar wird: Hier halten sich Konzerne ihre eigene Kultureinrichtung.

Für die Freiheit und Vielfalt der Kultur gefährlicher wird es, wenn Unternehmen aufgrund ihres Engagements bei fremden Einrichtungen und Projekten mitregieren wollen. Wegen einer Skandalinszenierung der Komischen Oper erwog DaimlerChrysler im vergangenen Juni, dem Haus die finanzielle Unterstützung zu entziehen. 10.000 Euro jährlich lässt der Konzern dem Opern-Freundeskreis zukommen. Dafür wollte man Mozart im Bordell, so die moderne Interpretation der „Entführung aus dem Serail“, nicht auf dem Spielplan sehen. Der komissarische Intendant der Oper, Andreas Homoki, nahm die Drohung gelassen. Was aber, wenn plötzlich Millionen für das Opernhaus auf dem Spiel stehen?

Noch schätzt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Oliver Schruoffeneger, der auch Mitglied im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses ist, die Gefahr der Abhängigkeit gering ein. „Wenn Sponsoring einmal den Hauptteil der Kulturförderung ausmacht, dann müssen wir uns Gedanken machen“, sagt er. Davon sei man in Berlin aber weit entfernt. Bisher splitte sich das Sponsoring von Kultureinrichtungen und Events in mehrere Geber und kleinere Summen.

Genaue Zahlen, wie viel sich die Privatwirtschaft die Kultur in der Stadt kosten lässt, sind nicht bekannt. Zu stark schwanken die Mittel von Jahr zu Jahr. Klar ist jedoch: Die Finanzspritzen der Wirtschaft sind für den Haushalt von Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei), wenn auch auf keinem Papier aufgelistet, längst eine feste Größenordnung.

Der Vorstandssprecher des Arbeitskreises Kultursponsoring (AKS) beim Deutschen Bund der Industrie, Michael Roßnagl, schätzte jüngst, dass deutsche Unternehmen rund 400 Millionen Euro im Jahr 2004 für Kultursponsoring ausgaben. Das ist wenig im Vergleich etwa zu den USA: Allein das New Yorker MoMA erhält diese Summe – jedes Jahr. Was aber bringt das Engagement den Unternehmen? Das hat sich der AKS schon 2001 in einer Auftragsstudie gefragt. Wichtigste Ergebnisse: Privatengagement wird in hohem Maß von der Bevölkerung wahrgenommen und schmückt die Firma mit einem positiven Image. Zudem wächst der Stolz der Mitarbeiter: Sie arbeiten motivierter. Sponsoring lohnt sich also auch ohne plakatives Logo.