IG Metall: „Mit uns gibt es keine Kündigungen“

AUTOINDUSTRIE Der Automobilzulieferer ThyssenKrupp Krause in Bremen-Farge will ein Drittel der Belegschaft loswerden. Die IG Metall fordert schon seit Jahren, die Arbeitsabläufe zu optimieren. Betriebsbedingte Kündigungen schließt ein „Zukunftstarifvertrag“ aus

Die Maschinenfabrik Johan A. Krause wurde 1950 in Bremen-Farge gegründet – in einer Garage. 1964 beschäftigte die Firma 100, 1969 bereits 200 Mitarbeiter. Anfang der 60er Jahre arbeitet Krause für Borgward, dann für Ford. Mitte der 70er Jahre wurde für Erno-Bremen ein Windkanalmodell des zukünftigen Space Shuttle gebaut. 1974 erfolgte die Umstellung zum Sondermaschinenbau, weltweit wurden Tochterunternehmen gegründet. Im Oktober 1989 übernahm schließlich die Thyssen Industrie AG die Johann A. Krause Maschinenfabrik.

Von Klaus Wolschner

Der Autozulieferer ThyssenKrause will Personal abbauen. Wie und wann das passieren soll und mit welchem Effekt, das hat die Unternehmensleitung bisher nicht konkretisiert. Seit Jahren schon, so der der zuständige IG Metall-Sekretär Volker Stahmann, mahne man Verfahren zur Verbesserung der internen Produktivität an, das sei sogar in einem „Zukunftstarifvertrag“ vereinbart, aber nicht umgesetzt worden. „Die Belegschaft hat schon zweimal dafür bezahlt, den Betrieb zu retten“, sagt er. „Betriebsbedingte Kündigungen wird es jetzt mit der IG Metall nicht geben.“ In diese Richtung laufen nämlich die Andeutungen der Geschäftsführung, nach dem mit der IGM abgeschlossenen, geltenden „Zukunftstarifvertrag“ sind aber betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2010 ausgeschlossen.

In der vergangenen Woche hatte es eine kurze „Information der Geschäftsführung“ gegeben, die aber nur das bestätigte, was die Belegschaft schon wusste: Rund 300 Mitarbeiter sollen aus den Personalkosten rausfliegen, ThyssenKrupp will Arbeit in erheblichem Umfang an Fremdfirmen vergeben und die Produktivität des Restbetriebes soll gesteigert werden.

„Johann A. Krause GmbH & Co“ sei der größte industrielle Arbeitgeber in Blumenthal-Farge, hat der Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung (BAW) einmal im Jahre 2003 in einem Bremen-Nord-Bericht geschrieben. Die Zahl der Beschäftigten lag damals in Bremen-Nord bei 1.350. Heute arbeiten noch 915 dort. Derzeit gibt die Firma, die Produktionsstraßen für die Automobilindustrie konstruiert und baut, ihren Jahresumsatz mit 150 Millionen an, angepeilt sind nach Angaben der Geschäftsführung 100 Millionen – es soll also ein Drittel wegfallen.

Schon vor Jahren gab es den Plan, Teile der Fertigung auszugliedern, erinnert sich Stahmann von der IGM. Mitarbeiter sollten von einer neuen Firma übernommen werden. Wegen der wirtschaftlichen Lage zerschlug sich der Plan. „Es gibt in der Region niemanden, der so einfach Arbeit von ThyssenKrupp übernehmen könnte“, sagt Stahmann. Wenn aber qualifizierte und eingearbeitete Mitarbeiter von ThyssenKrupp zu denselben Bedingungen in einen Zuliefer-Betrieb wechseln sollen, dann stellt sich die Frage, wo der Kostenvorteil liegt.

„Wir haben insgesamt Probleme mit diesem Konzept“, sagt der IG Metall-Mann, der auch im Aufsichtsrat der Muttergesellschaft sitzt und daher über interne Informationen verfügt. Denn, so Stahmann, in dem gerade abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/2009 hat das Unternehmen mehr Umsatz gemacht als in den fünf Jahren zuvor, „nur ist kein Geld übrig geblieben“. Dass Geld abgeflossen ist im Konzern, sei auszuschließen. Also gebe es doch ein Problem der Produktivität.

Falsch sei es also, von vornherein zusagen: Es sind zu viele Leute an Bord. Zunächst müsse gefragt werden, wo die Arbeitsabläufe produktiver gestaltet werden könnten. Beim Stahlwerk Arcelor habe es einen solchen internen Verbesserungsprozess gegeben – mit großem Effekt. Das müsse auch bei ThyssenKrause passieren. „Da muss alles auf den Prüfstand gestellt werden, wir müssen effektiver werden.“ Das fordere die Gewerkschaft schon seit den Verhandlungen über den Zukunftstarifvertrag. Passiert sei nichts.

Stattdessen demotiviere die Unternehmensführung nun die Belegschaft mit Personallabbau-Forderungen. „Die Belegschaft zieht sich zurück, wenn sie so was hört. Das führt nicht dazu, dass die Mitarbeiter motiviert sind, darüber nachzudenken: Was machen wir richtig, was können wir besser machen?“ Die Debatte über 600 oder 900 Arbeitskräfte sei „völliger Quatsch“, die erste Frage müsse sein: „Wie gut arbeiten die 900?“ Solang die Botschaft laute: „Weiter so wie bisher!“, könne auch die Arbeit von 600 Mitarbeitern nicht produktiver sein.

Die Belegschaft auf freiwilliger Basis mit Abfindungen zu reduzieren mache auch keinen Sinn, so Stahmann: „Diese Runde haben wir 2007 schon gedreht – das ist auch für das Unternehmen nicht gut. Da gehen hoch qualifizierte Leute, die sicher sind, dass sie woanders auch was bekommen. Die anderen gehen nicht über freiwillige Maßnahmen.“

Dass mit dem Wechsel der Geschäftsführung eine neue Denke in den Betrieb hineingekommen ist, sieht Stahmann noch nicht. Beide Geschäftsführer sind nicht voll in Bremen präsent, sondern haben noch andere konzerninterne Aufgaben in Frankreich und in Hannover. „Das ist natürlich ein Problem in schwierigen Zeiten“, sagt Stahmann.

Die BAW-Studie aus dem Jahre 2003, als neben Krause die Wollkämmerei der zweite große Betrieb war, benannte schon damals „für die mittlere Sicht erhebliche Risiken“: „Das Wegbrechen von Arbeitsplätzen führt in einer ersten Phase dazu, dass die Stadtteile von Bremen-Nord zunehmend zu Wohn-Schlafstädten“ werden könnten.