Weggelobt und aufgeschoben

ALTER Merkel lobt, dass Ministerin von der Leyen „beharrlich“ auf das Rentenproblem „hinweist“. Sonst bleibt sie vage. SPD sucht eigenes Konzept

BERLIN taz | So möchte man eigentlich nicht gelobt werden. In den Auseinandersetzungen um die Zuschussrente hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Sprecher Steffen Seibert erklären lassen, es sei „richtig und wichtig“, dass Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) als zuständige Ministerin „beharrlich auf ein Thema hinweist“, das „künftig zu einem Problem für das Rentensystem“ werden könne.

Seibert sagte: „Wir klären im Herbst, wie die Bundesregierung vorgehen will.“ Von der Leyen habe den „Anstoß“ zu einer umfassenden Diskussion gegeben. Von der Leyen will Minirenten von Niedrigverdienern, die lange in die Rentenkasse eingezahlt haben, auf bis zu 850 Euro aufstocken. Damit der Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden könnte, müsste die Bundesregierung dem Entwurf allerdings bis zum Spätherbst zustimmen und nicht nur „klären“, wie man weiter vorgehen wolle.

Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte an, dass sich die CSU „konzeptionell“ mit dem Thema der drohenden Altersarmut beschäftigen werde. Den Plan von der Leyens lehnt Seehofer jedoch ab. Er habe Probleme damit, „dass die Rentenversicherung unterschiedliche Einkommen in der aktiven Erwerbsphase ausgleichen soll“.

Ein Sprecher von der Leyens erklärte jedoch, dass die Zuschussrente nicht, wie von Kritikern moniert, aus Rentenbeiträgen bezahlt werden soll. Vielmehr würde die neue Sozialleistung ab dem Jahre 2025 „in Gänze“ durch Steuermittel gedeckt.

Nach einer Aufstellung des Ministeriums würde die Rentenaufstockung für Geringverdiener im Jahre 2030 rund 3,2 Milliarden Euro im Jahr kosten. Das soll folgendermaßen finanziert werden: Durch die Einsparungen bei der Grundsicherung im Alter, die von den ZuschussrentnerInnen dann ja nicht in Anspruch genommen würde, spart man laut Ministeriumsrechnung im Bundeshaushalt eine Milliarde Euro ein.

Für die restliche Finanzierung soll der Abbau des sogenannten „Wanderungsausgleichs“ herangezogen werden. Dieser ist eine Verschiebung von Steuermitteln von der allgemeinen Rentenversicherung hin zur knappschaftlichen Rentenversicherung der Bergleute. Dieser Ausgleich wird gewährt, um die Versichertenverluste im Bergbau auszugleichen. Da immer weniger Leute im Bergbau beschäftigt sind, hat die knappschaftliche Rentenversicherung zu wenige Beitragseinnahmen. Der Wanderungsausgleich soll bis 2030 vollständig zurückgefahren werden, weil der Strukturwandel im Bergbau dann fast abgeschlossen ist. Daraus ergibt sich im Bundeshaushalt eine Einsparung von 2,3 Milliarden Euro – und dieses Geld will die Ministerin für die Finanzierung der Zuschussrente nutzen. Die eingesparten Mittel beim Wanderungsausgleich für die Zuschussrente zu verwenden sei eine „trickreiche Umleitung“, sagte der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach der taz.

Die SPD tut sich unterdessen schwer mit einem eigenen Rentenkonzept. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier setzt laut einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung auf eine Solidarrente für Niedrigverdiener, die diesen am Ende eine Altersversorgung oberhalb der Grundsicherung garantiere. Dieses müsste aus Steuermitteln finanziert werden. Außerdem kündigte Steinmeier an, die SPD werde einen Vorschlag vorlegen mit einem Instrumentenmix von Teilrente und Erwerbsunfähigkeitsrente. Teile der SPD wollen die Absenkung des Rentenniveaus wieder rückgängig machen, dies findet aber keine Mehrheit in der Partei. BARBARA DRIBBUSCH