Bleiberecht für 292 Menschen

764 Eingaben von Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, hat Niedersachsens Härtefallkommission im vergangenen Jahr geprüft. Bei 292 erkannte sie eine so gute Integration, dass sie erst mal bleiben dürfen

Die Härtefallkommission des Landes Niedersachsen hat im vergangenen Jahr 292 Menschen ein Aufenthaltsrecht in Deutschland ermöglicht, obwohl deren Asylantrag zuvor abgelehnt worden war. Überwiegend handele es sich um Familien mit insgesamt 120 Kindern, teilte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag mit. Ausschlaggebend seien vor allem Integrationsleistungen wie Arbeit oder Sprachkenntnisse gewesen. „Die Härtefallkommission leistet einen entscheidenden humanitären Beitrag für Fälle, in denen die Anwendung ausländerrechtlicher Vorschriften zu Ergebnissen führt, die der Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt hat“, so Pistorius.

Die unabhängige Kommission berät darüber, ob ausreisepflichtigen Ausländern in Einzelfällen aus humanitären oder persönlichen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt werden kann. Im vergangenen Jahr erhielt sie insgesamt 764 Eingaben – ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr.

Im Jahr 2017 hatte die Arbeit der Kommission mit insgesamt 996 Eingaben einen Höchststand erreicht. Im vergangenen Jahr kamen die meisten Eingaben von Menschen aus dem Irak sowie aus Pakistan, Albanien, Afghanistan und der Elfenbeinküste.

Die Kommission nahm schließlich 220 Fälle zur Beratung an und empfahl in 136 Fällen dem Innenministerium, ein Bleiberecht zu erteilen. Das Ministerium entschied in 123 Fällen positiv, darunter waren zahlreiche Familien. „Die Kommission ist mehr denn je ein unverzichtbarer Bestandteil der niedersächsischen Flüchtlingspolitik“, sagte Pistorius. Ihre ehrenamtlichen Mitglieder aus Kirchen, Kommunen, Verbänden oder Gewerkschaften erfüllten zuverlässig und verantwortungsbewusst ihren Auftrag.

Die Kommission lege großen Wert darauf, dass die Betroffenen aktiv mitwirkten und auch andere gesetzliche Möglichkeiten für sich nutzten, sagte die Vorsitzende Anke Breusing: „Die Kommission kann nur eine Chance eröffnen. Diese Chance zu nutzen, liegt bei den Betroffenen selbst.“ Die neun stimmberechtigten Mitglieder und ihre 22 Stellvertreter schauten sich besonders die soziale, wirtschaftliche und schulische Situation der Migranten an. Ein wichtiges Kriterium sei, ob Einzelne oder Familien selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten.

Ein besonderes Augenmerk gelte außerdem der Frage, ob die Antragsteller schon strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Lägen erhebliche Straftaten gegen Leib und Leben vor, sei ein Bleiberecht ausgeschlossen. Das gelte jedoch nicht für minder schwere Delikte wie Schwarzfahren oder einfache Ladendiebstähle. Das vom Ministerium erteilte Aufenthaltsrecht ist zunächst befristet, kann aber später in ein unbefristetes Bleiberecht umgewandelt werden. Vor allem bei gut integrierten Jugendlichen, erläuterte Breusing, sei dies „ein Selbstgänger“. (epd)