Wachkoma-Patientin bekommt Kind

AUSSERGEWÖHNLICHE SCHWANGERSCHAFT Erlangener Mediziner hielten bei einer Wachkoma-Patientin über fünf Monate eine Schwangerschaft aufrecht und entbanden einen gesunden Jungen

Ärzte der Erlangener Universitätsklinikum verteidigten ihre Entscheidung, die Schwangerschaft einer Wachkoma-Patientin über fünf Monate aufrecht erhalten zu haben. Das Kind sei jetzt anderthalb Jahre alt und entwickle sich völlig normal, sagte Professor Matthias Beckmann, Direktor der Uni-Frauenklinik.

Wie erst vergangene Woche bekannt wurde, war 2007 eine damals 40-jährige Frau nach einem Herzinfarkt in der 13. Schwangerschaftswoche ins Wachkoma gefallen und nach Erlangen verlegt worden. Ihr Herz sei zu diesem Zeitpunkt nur noch zu 25 Prozent leistungsfähig gewesen, sagte Beckmann: Dazu seien weitere Risikofaktoren für die Schwangerschaft wie Diabetes, ein enormes Übergewicht und der starke Nikotinkonsum der Patientin gekommen. Dass es den Medizinern gelungen sei, die Schwangerschaft bis zur Geburt eines gesunden Kindes fortzusetzen, sei „außergewöhnlich“.

Weltweit sind seit den 1970er-Jahren rund 25 Fälle von Schwangeren mit Hirntod oder Koma veröffentlicht worden. Die meisten Schwangerschaften endeten allerdings mit Misserfolgen, Frühgeburten oder in manchen Fällen mit ernsten Schädigungen des Kindes, berichtete Beckmann. Der Fall in Erlangen sei „im Hinblick auf das Alter der Mutter, der nahezu adäquat lange Schwangerschaftsdauer und des völlig normalen Gesundheitszustands des Kindes in der Wissenschaftswelt außergewöhnlich“, betonte der Arzt.

Nach Angaben von Beckmann hat die Klinik sämtliche therapeutischen Maßnahmen und auch die Frage der Ernährung mit dem Klinischen Ethikkomitee abgestimmt. Auch wurde die Nahrung, die die Frau über eine Sonde bekam, in Abhängigkeit von regelmäßigen Labortests speziell zusammengestellt, um auch das Kind optimal mit Folsäure und Vitaminen zu versorgen. Auch andere Risikofaktoren wie Nikotinkonsum und eine Diabetes hätten die Behandlung erschwert. Die beiden älteren Kinder der Frau, deren Vormundschaft das Jugendamt übernommen hatte, hatten ihre Mutter den Angaben zufolge regelmäßig in der Klinik besucht.

156 Tage nach dem Herzinfarkt wurde der 2.390 Kilogramm schwere Junge per Kaiserschnitt entbunden. Bei den ärztlichen Untersuchungen habe das Kind bisher eine normale Entwicklung gezeigt. Der Lebenspartner der Frau könne den Jungen selbst nicht versorgen, da er beruflich viel im Ausland unterwegs ist.

Der Zustand der Frau, die in einem Pflegeheim liegt, ist nach Angaben der Ärzte unverändert. Die Mediziner haben wegen der massiven Schädigung von Gehirn und Herz nahezu keine Hoffnung mehr auf eine Besserung. EPD, AFP, TAZ