„Lebe wohl, Cousin, wir erfrieren!“

Beim Absturz einer zyprischen Chartermaschine 40 Kilometer von Athen kommen alle 121 Insassen ums Leben. Starker Abfall des Luftdrucks in der Boeing könnte Auslöser des Unglücks sein. Probleme mit der Klimaanlage gab es bereits

ATHEN dpa/afp/taz ■ Ein Charterflugzeug der zyprischen Fluggesellschaft Helios ist gestern Mittag in der Nähe der griechischen Hauptstadt Athen abgestürzt. Nach Angaben von Helios sind dabei alle 121 Insassen ums Leben gekommen. Es gebe keine Überlebenden, teilte die Airline mit. Auf Bildern des griechischen Fernsehens waren verkohlte und in der Berglandschaft weit verstreute Wrackteile zu sehen. Waldbrände, die durch den Absturz ausgelöst worden waren, behinderten die Arbeiten der Rettungskräfte.

„Überall liegen Wrackteile“, sagte der Bürgermeister von Grammatikos, George Papageorgiou. „Der Flugzeugrumpf ist zerstört worden und in eine Schlucht gefallen. Alle Anwohner versuchen zu helfen.“ Ein Augenzeuge sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Überall lagen Körper verstreut. Alle trugen Sauerstoffmasken.“

Die Maschine vom Typ Boeing 737-300 war am Morgen in Larnaca gestartet und sollte nach einem Zwischenstopp in Athen nach Prag weiterfliegen. Während die Maschine sich Athen näherte, brach der Funkkontakt mit der Flugsicherheit ab. Daraufhin versuchten die Piloten von zwei F-16 Kampfjets der griechischen Luftwaffe, Sichtkontakt mit den Piloten der Boeing aufzunehmen. Ihren Angaben zufolge habe es im Cockpit kein Anzeichen von Leben gegeben, offensichtlich seien beide Piloten ohnmächtig gewesen. Durch die Fenster der Maschine sei zu sehen gewesen, dass die Sauerstoffmasken herunterhingen.

Das griechische Fernsehen berichtete von einer SMS, die einer der Passagiere seinem Cousin geschickt habe: „Der Pilot ist ganz blau im Gesicht. Lebe wohl, Cousin, wir erfrieren.“ In einer anderen SMS habe es geheißen: „Dem Piloten geht es nicht gut. Er wirkt wie betrunken.“

Wenngleich nach Angaben von Helios die Absturzursache gestern Nachmittag noch unklar war, wurden Vermutungen laut, dass ein radikaler Sturz des Luftdruckes das Unglück verursacht haben könnte. Die Maschine habe vor dem Abflug ein Problem mit der Klimaanlage gehabt, das repariert worden sei, berichtete das zyprische Fernsehen. Das abgestürzte Flugzeug hatte bereits zweimal in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten mit der Klimaanlage und mit dem Luftdruck-Ausgleich-System.

Der griechische Ministerpräsident Kostas Karamanlis unterbrach seinen Urlaub auf der Kykladeninsel Tinos. Er wurde am Nachmittag in Athen erwartet. Tschechiens Premier Jiri Paroubek sagte, an Bord der Maschine hätten sich acht griechische Kinder befunden, die von einem Aufenthalt in Zypern nach Griechenland zurückkehrten. Er übermittelte den betroffenen griechischen Familien sein Beileid. Paroubek schloss nicht aus, dass die übrigen Passagiere tschechische Staatsbürger waren.

Helios ist Zyperns erste private Fluggesellschaft. Sie wurde 1999 gegründet und verfügte über vier Maschinen vom Typ Boeing 737, die außer Athen unter anderem auch Sofia, Dublin, London und Straßburg ansteuern. Vergangenes Jahr kaufte das Reiseunternehmen Libra Holidays mit Sitz in Zypern die Fluggesellschaft.