Windkraft-Euro verfassungswidrig?

Brandenburger Gesetz beschert Standorten jeweils 10.000 Euro. Juristisch ist das umstritten

„Nicht mit der Rechtsprechung vereinbar“

Martin Maslaton, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Von Bernward Janzing

Das Paragrafenwerk trägt einen sperrigen Namen: „Gesetz zur Zahlung einer Sonderabgabe an Gemeinden im Umfeld von Windenergieanlagen“. Brandenburg hat dieses Regelwerk vor wenigen Wochen beschlossen, um „die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen und die regionale Wertschöpfung zu steigern“.

Konkret soll das geschehen, indem die Betreiber einer jeden neuen Windkraftanlage 10.000 Euro im Jahr als Sonderabgabe an die Standortgemeinden im Umkreis von drei Kilometern abführen müssen. Die Kommunen, so steht es im Gesetz, haben das Geld zweckgebunden zu verwenden. Etwa zur „Förderung kommunaler Veranstaltungen, sozialer Aktivitäten oder Einrichtungen, die der Kultur, Bildung oder Freizeit dienen“. Dabei sollte „für die Einwohner ein Bezug zu den aus der Windenergieerzeugung generierten ­Geldmitteln erkennbar sein“.

Politisch ist der „Windkraft-Euro“ natürlich umstritten, weil die Konstruktion den Eindruck erwecken kann, hier solle die Zustimmung zur Windkraft erkauft werden.

Doch es gibt inzwischen noch ganz andere Kritik. Martin Maslaton, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Leipzig, hält die Abgabe grundsätzlich für verfassungswidrig. „Der Staat darf nur Steuern, Beiträge und Gebühren erheben – eine Sonderabgabe, wie Brandenburg sie erheben will, dürfte mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht vereinbar sein“, sagt der Experte für Energierecht.

Entsprechende verfassungsrechtliche Bedenken waren auch bei einer Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Brandenburger Landtags im April bereits diskutiert worden. Diese seien aber „augenscheinlich als nicht gravierend eingestuft“ worden, teilte das Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes nun mit.

Maslaton, der durchaus als Freund der Windkraft bekannt ist, betont unterdessen, dass die Gemeinden eine solche Sonderabgabe auch gar nicht nötig hätten: „Wenn die Gemeinden es richtig machen, sind Windparks schon heute für den kommunalen Haushalt attraktiv.“ Es gibt im Gewerbesteuerrecht seit zehn Jahren die Klausel, dass an der Standortgemeinde der Anlage 70 Prozent der Gewerbesteuer fällig werden, und am Verwaltungssitz des Betreibers die restlichen 30 Prozent. Das gilt auch für andere Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wie etwa Solarparks.

„Die 70/30-Regel ist ein voller Erfolg, das ist eine sehr vernünftige Regelung“, sagt Maslaton. Eine Gemeinde, die kooperativ mit den Investoren verhandle, könne eine stattliche Summe an Gewerbesteuer einnehmen. Auch durch die Verpachtung oder den Verkauf städtischer Grundstücke für Windkraftanlagen hätten die Gemeinden ausreichend Möglichkeiten, von der Stromerzeugung auf ihrer Gemarkung zu profitieren.

Angesichts dieser schon heute möglichen kommunalen Erträge wirkt das Gesetz des Landes Brandenburg für viele aktionistisch: „Der fortschreitende Zubau von Windenergieanlagen wird von der Bevölkerung und den Gemeinden im direkten Umfeld dieser Projekte kritisch hinterfragt“, heißt es in der Begründung des Gesetzes. Ob eine jährliche Zahlung an die Anrainergemeinden daran etwas ändern wird, ist fraglich.