Minderheiten ohne Makler

Seitdem CDU und FDP in Düsseldorf regieren, sind in NRW die Beauftragtenämter für Migranten und Behinderte unbesetzt. Besonders die Zukunft des Integrationsbeauftragten erscheint ungewiss

VON RALF GÖTZE

Die neue CDU/FDP-Landesregierung schiebt die Belange von sozialen Minderheiten auf die lange Bank. Zehn Wochen nach der NRW-Landtagswahl ist weder die Position des Behinderten- noch die des Integrationsbeauftragten neu besetzt worden. Dabei stellen die 1,7 Millionen Schwerbehinderten und 4,1 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund einen großen Anteil der 18 Millionen NRW-Bürger.

„Ich habe Herrn Rüttgers angeboten das Amt kommissarisch weiterzuführen. Aber noch nicht einmal eine Antwort bekommen“, so die ehemalige Landesbehindertenbeauftragte Regina Schmidt-Zadel gestern zur taz. Obwohl ihre Funktion ein Ehrenamt war, musste sie mit dem Ende der Legislaturperiode ohne Nachfolger abtreten. Wegen der fehlenden Amtsperson sind ihren Mitarbeiterinnen nun die Hände gebunden. „Ich weiß, dass ich für eine dauerhafte Fortführung das falsche Parteibuch habe“, sagt die Sozialdemokratin. „Aber darunter müssen in der Zwischenzeit doch nicht die Behinderten leiden“. Schließlich würde die lange Vakanz die Arbeitskontinuität empfindlich stören. Es wäre aus ihrer Sicht besser gewesen, eine Regelung einzuführen, die eine Amtsfortführung bis zur Installation eines neuen Beauftragten sichert.

Auch der ehemalige Landesintegrationsbeauftragte Klaus Lefringhausen ist mit der Befristung bis zum Ende der Legislaturperiode nicht glücklich. „Wir haben zwar ein politisches Amt, aber kein parteipolitisches“, sagt der 71-Jährige, der sich in dem Amt als „Makler“ zwischen Migranten und Landesregierung sah. „In einer normalen Behörde kann man doch gar nicht so eine Mittlerposition einnehmen“, bricht er eine Lanze für das Beauftragtenwesen, das im schwarz-gelben Koalitionsvertrag als „ausufernd“ bezeichnet wird. Das Papier nennt zehn Beauftragte, die überflüssig seien – darunter auch der zuständige Ansprechpartner für Ausbildungsfragen. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Vor der Aufzählung steht das Kürzel „z. B.“ und damit sind nicht nur eher exotische Beauftragte in Gefahr, sondern auch diejenigen, die mit Behinderten oder Migranten große Gruppen ansprechen.

Auf taz-Anfrage bestätigte eine Sprecherin des NRW-Generationenministeriums, derzeit seien keine Mittel für einen neuen Integrationsbeauftragten vorgesehen. Das NRW-Sozialministerium spricht seit mehreren Wochen davon, die Stelle der Behindertenbeauftragten „in Kürze“ zu besetzen. Andere Landesregierungen machen aus derartigen Personalie weniger Aufhebens. „Obwohl Walter Gebers ein SPD-Urgestein war, stand fest, dass wir ihn nach dem Regierungswechsel als Behindertenbeauftragten nehmen“, sagt ein Sprecher des hessischen Innenministeriums. Erst Gebers Tod machte den Platz frei, für Friedel Rinn. Der wurde von CDU-Ministerpräsident Roland Koch zu Zeiten der schwarz-gelber Koalition eingesetzt. Doch auch unter CDU-Alleinherrschaft blieb der FDP-nahe Geber im Amt. Für den hessischen Innenministeriums-Sprecher steht jedenfalls fest: „Im Endeffekt sind dies überparteiliche Ämter, bei denen man sich allein an der fachlichen Qualität orientieren darf.“