Scherfs Streicheleinheit

„Der Herr Bürgermeister weiß, was er tut“, sagt Zirkusdirektor Harry Barelli und wertet Henning Scherfs Besuche als Zuspruch für umstrittene Dressuren

bremen taz ■ „Wir haben uns ganz gut durchgeschlagen“, sagt Zirkusdirektor Harry Barelli zufrieden. Bis zum 15. August tritt sein Zirkus mit der umstrittenen Tiger-reitet-auf-Pferd-Nummer noch in Bremen auf. Dennoch sei das rot-weiße Zelt meist gut gefüllt. Und dass Bürgermeister Henning Scherf (SPD) wiederholt als Zuschauer kam und am Dienstag sogar in der Manege öffentlich ein Pony taufte, empfindet Barelli als klare Parteinahme – gegen die Tierschützer.

„Der Herr Bürgermeister weiß, was er tut“, sagt Harry Barelli. „Er hat ja gesagt, dass das ungerecht ist, was der Herr Apel vom Tierschutzverein mit uns macht.“ Auch „dass man sowas dressieren kann, dass der Tiger auf dem Pferd reitet“, habe Henning Scherf bewundert. Im Übrigen sei ein Zirkus auch eine Einnahmequelle. Rund 20.000 Euro an Standgebühren inklusive der Nebenkosten zahle der Zirkus. Scherf war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Fronten im Grundsatzstreit darüber, was in der Manege von Barelli geschieht, bleiben weiter verhärtet. Der Bremer Tierschutzverein will keine Unterlassungserklärung unterzeichnen. Mit dieser will der Zirkus etwa erreichen, dass Tierschützer aufhören, von „Tierqual unter der Zirkuskuppel“ zu sprechen. Anlass waren Stellungnahmen des Tierschutzvereins, der die Dressur-Nummer mit einem über 200 Kilo schweren Bengaltiger auf dem in Leder eingekleideten Pferd als „pure Qual“ kritisierte. Zudem könnten die Tiger nicht artgerecht untergebracht werden, erklärt Wolfgang Apel, Vorsitzender des Tierschutzvereins. Von illegalen Protesten jedoch distanzierte sich der Verein. Wenngleich er weiter meint, die Zirkus-Gaudi werde buchstäblich auf dem Rücken der Tiere ausgetragen.

„Jetzt werden Gerichte entscheiden“, sagt Apels Sprecher, Thomas Schröder, vom Deutschen Tierschutzbund. „An der grundsätzlichen Kritik, dass Wildtiere nicht in einen Wanderzirkus gehören, halten wir fest. Da wissen wir uns sogar mit dem Bundesrat einig“ – und der sei doch ein unverdächtiges Gremium. Mehr könne er zu dem schwebenden Streit nicht sagen – bei dem es auch um Schadenersatzforderungen wegen Einnahmenausfällen beim Zirkus gehen soll. Von „Boykottaufruf“ spricht der Zirkusdirektor.

Gar nicht gut finden Bremer Tierschützer den Auftritt von Henning Scherf im Zirkus. Die Pony-Taufe sei eine Demonstration – gegen den Tierschutz. Vor dem Hintergrund der umstrittenen Bremer Affenversuche sei das bemerkenswert. ede