SAMMLERSTÜCKE
: Mann mit Kamera

Ich muss jetzt doch mal wissen, was er da fotografiert

Es ist halb neun Uhr morgens und viel los auf dem Fahrradweg. Ich fahre die Gneisenaustraße entlang. Vor mir weicht eine Fahrradfahrerin gerade noch einem Mann aus, der im Gebüsch zwischen Geh- und Fahrradweg Fotos macht. Die Kamera ist auf den Boden gerichtet.

In die Körthestraße vor dem Stand, der Blau- und Erdbeeren aus der Umgebung verkauft, sitzt Karl Dall auf dem Bordstein und raucht eine Zigarette. Ich fahre weiter und zähle mit meiner Tochter, die hinter mir auf dem Kindersitz sitzt, Kabrios. Heute sind es 15 Stück.

Am Schreibwarenstand in der Marheineke Markthalle lungere ich unentschlossen vor ein paar Gelkugelschreibern herum. Die Verkäuferin steht neben mir mit hilfsbereitem Blick. Ein junger Mann stellt sich zu uns. Er zieht ein Rollköfferchen hinter sich her. „Wo bekomme ich hier in der Nähe eine Schlafanzughose her?“, fragt er uns auf Englisch. Wir schauen ihn beide erstaunt an. „Ich teile mir ein Zelt mit einem Mädchen, das ich gar nicht kenne“, fügt er hinzu. Wir gucken ihn immer noch stumm an. „Ich dachte, da wäre eine Schlafanzughose angebracht“, sagt er. Die Verkäuferin schickt ihn zur nächsten Kik-Filiale. „Ich hätte ihn zu Tchibo geschickt“, sage ich. „Aber er kennt das Mädchen doch gar nicht“, sagt die Verkäuferin.

Auf dem Rückweg begegne ich wieder dem Mann mit der Kamera. Ich muss jetzt doch mal wissen, was er da fotografiert. Ich bleibe stehen und kann beobachten, wie er mit der Kamera ganz dicht an einen Hundehaufen rangeht, der zwischen Fahrradweg und Gebüsch liegt. Mir wird ein bisschen mulmig im Magen. Der Mann dreht sich zu mir um: „Hundekot“, sagt er, „ein sehr dankbares Objekt in der Fotografie. Sehen Sie sich diese Schwünge an und die Schatten, die dieser Hundehaufen wirft. Wie hingegossen!“, sagt er und drückt auf den Auslöser.

MAREIKE BARMEYER