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: Der Präsident, der keinen Hunger kennt

Der Präsident der Republik Niger will sein Land würdig vertreten. „Es gibt keine Hungersnot in Niger“, hat Mamadou Tandja in einem BBC-Interview erklärt. Es gebe lediglich eine „Lebensmittelkrise“. Bei einer richtigen Hungersnot würden Menschen in Nachbarländer fliehen, sich am Rand der großen Städte niederlassen oder auf den Straßen betteln.

Dass diese drei Dinge alle in Niger tatsächlich vorkommen, kann dem Präsidenten kaum entgangen sein, ebenso wenig die internationale Hilfsaktion zugunsten der 2,5 Millionen von Hunger bedrohten Menschen seines Landes. Nigers Regierungszeitung Le Sahel titelte am Montag: „Gewaltige Solidarität gegen die Hungersnot“, und berichtete ganzseitig unter der Überschrift „Der Staatschef empfängt wichtige Persönlichkeiten“, wie Gäste aus Kongo, Kanada und Saudi-Arabien Hilfe zusagten. „Außerdem nahm der Präsident der Republik, Staatschef Seine Exzellenz Mamadou Tandja, in der Großen Moschee an einem Gebet teil“, fährt der Bericht fort. „Es geht dem Staatschef darum, Allah zu bitten, uns mit einer guten Ernte zu beglücken.“

Das entspricht ganz dem Regierungsstil Tandjas. Konservative muslimische Autoritäten und die Größen früherer Militärdiktaturen sorgten im November 1999 dafür, dass nach Jahren politischer Wirren der pensionierte Oberst Tandja im Alter von 61 Jahren die Präsidentschaftswahlen gewann. Ein Mann der Vergangenheit – so wurde das damals kommentiert. Tandja, der seine militärische Ausbildung noch während der französischen Kolonialzeit begann, war 1974 am ersten Militärputsch Nigers beteiligt und diente unter Militärdiktator Seyni Kountché (1974–87) als Innenminister. Erneut Innenminister, war er im Mai 1990 für die blutige Niederschlagung einer Demonstration der Tuareg-Minderheit verantwortlich, die 63 Tote forderte und einen Bürgerkrieg provozierte. Danach verlor Tandja mehrere Präsidentschaftswahlen, bevor ihm schließlich im dritten Anlauf der Sieg glückte – „durch die Gnade Gottes“, wie er sagte.

Immerhin ist Niger unter Tandja stabil geblieben und hat die Regeln der Demokratie nicht gleich wieder abgeschüttelt. Doch Dynamismus gehört nicht zu den Qualitäten des mittlerweile 66-jährigen Präsidenten. Als letztes Jahr Dürre und Heuschreckenplage Niger verwüsteten, blieb seine Regierung untätig. Nun, wo Hunger herrscht, hat Nigers Präsident nicht einmal eine seltene Audienz bei US-Präsident George Bush genutzt, um Hilfe zu fordern. Er wartete einen Besuch des marokkanischen Königs ab, um im Juli erstmals die Hungergebiete zu bereisen. Kein Wunder, dass die Nigrer jetzt eher auf das Ausland hoffen. DOMINIC JOHNSON