Fall Timoschenko in Straßburg vor Gericht

MENSCHENRECHTE Anwälte der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin: Prozess politisch motiviert

STRASSBURG dpa | Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat am Dienstag die mündliche Verhandlung über die Menschenrechtsbeschwerde der ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko begonnen. Bei der Anhörung geht es um Timoschenkos Haftbedingungen sowie um das Verfahren gegen die erkrankte Politikerin.

Timoschenko war im Oktober 2011 nach einem umstrittenen Prozess zu sieben Jahren Straflager und umgerechnet 137 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt worden. Sie habe als Ministerpräsidentin eigenmächtig ein für die Ukraine nachteiliges Abkommen über Gaslieferungen mit Russland geschlossen, hieß es zur Begründung.

Der Prozess und das Urteil waren in den USA und der EU auf scharfe Kritik gestoßen. Ein unterschriftsreifes Assoziierungsabkommen mit der EU liegt seitdem auf Eis.

Timoschenkos Partei hatte die Inhaftierte, die derzeit in einem Krankenhaus behandelt wird, demonstrativ als Spitzenkandidatin für die Parlamentswahl am 28. Oktober nominiert. Wegen der Haft darf sie jedoch nicht antreten. Zudem steht sie seit April wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Die ukrainische Staatsanwaltschaft ermittelt in zehn weiteren Fällen, darunter auch wegen Mordes, gegen Timoschenko. Timoschenkos Anwälte machen geltend, das Strafverfahren des Jahres 2011 sei politisch motiviert. Sie beanstanden ferner die Haftbedingungen und unzureichende medizinische Versorgung. Einer der Anwälte, Sergei Wlassow, sprache von einem Rachefeldzug des ukraischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gegen seine Gegnerin Nummer eins.

Die Straßburger Richter haben dem Fall Vorrang eingeräumt. Dennoch kann es bis zu einer Entscheidung mehrere Monate dauern.