Luise Land sinniert über die vergebliche Nachtruhe in Berlin
: Eine Stadt, in der viele nicht schlafen (obwohl sie wollen)

Menschen auf dem Land schlafen besser als Menschen in der Stadt, hat die Krankenkasse Barmer herausgefunden. Kein Wunder, dass ich so schlecht schlafe, seit ich in Berlin wohne. Auf der breiten Straße vor meinem Fenster brettert der Verkehr vorbei, Krankenwagen mit Blaulicht, Feuerwehr, Lastwagen.

Nachts nachdenken, wach liegen, sich wälzen: Das machen viele Menschen in Berlin. Genau genommen brauchen 85.000 Ber­liner*innen über mehrere Wochen am Stück länger als eine Stunde zum Einschlafen. Oder sie wachen morgens zu früh auf und liegen dann wach. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Barmer Krankenkasse hervor. Und auch, dass nirgendwo in Deutschland so oft Schlafstörungen diagnostiziert werden wie in Berlin. Frauen leiden häufiger darunter als Männer.

Im Café Benedict in Charlottenburg zum Beispiel gibt es 24 Stunden am Tag Frühstück. Um vier Uhr morgens nach der zweiten Nacht im Club kann die Berliner*in dort groß frühstücken gehen. Und trifft dann auf die Charlottenburger*in, die unter Schlafstörungen leidet und sich denkt: Geh ich halt frühstücken! Solche Angebote zeugen davon, dass in Berlin immer was los ist. Und es deshalb auch immer laut ist.

Lärm ist der Barmer-Studie zufolge einer der größten Einflussfaktoren bei Schlafstörungen. Und Verkehr und jobbedingter Zeitdruck. Das alles gibt es in Berlin. Und Drogen nehmen, legale und illegale. Das machen die Menschen in Berlin auch. So ist auch zu erklären, warum Landbewohner*innen im Schnitt deutlich besser schlafen: Auf dem Land gibt es das oft nicht. Oder zumindest weniger.

Viele Menschen in Berlin heißt viele Krankenwageneinsätze, viele Clubs und viel Verkehr. Wer morgens früh auf die Arbeit soll, denkt oft zwanghaft: Ich muss jetzt einschlafen. Damit beginnt der Barmer zufolge ein Teufelskreis: Je mehr Druck, desto weniger erholsamer Schlaf. Liegt dann noch eine sich bewegende Person neben einem im Bett, wird es noch schlimmer.

85.000 Berliner*innen bedeutet, 4,4 Prozent der Beschäftigten leiden unter Schlafstörungen. Das sind 44 von 1.000 Menschen – fast doppelt so viele wie im Jahr 2005. Damit liegt Berlin über dem Bundesdurchschnitt. Deutschlandweit haben im Schnitt 3,8 Prozent Schlafprobleme. Umfragen zufolge geht allerdings nicht mal jede zweite Person zum Arzt, wenn sie nicht schlafen kann. Die Dunkelziffer dürfte also noch deutlich höher sein.