Der Evergreen

URGESTEIN Jürgen Trittin ist von Beginn an bei den Grünen. Jetzt will er ganz nach oben und 2013 Vizekanzler werden. Dabei unterstützt ihn sogar Exkanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Geschichte eines Übriggebliebenen

BERLIN/HANNOVER taz | Er war schon immer da bei den Grünen. Jürgen Trittin, 58, Chef der Bundestagsfraktion, hat die Partei mit gegründet. Er trug Schnurrbart, war Hausbesetzer und Dosenpfandminister. 2013 will der mächtigste Grüne der Republik seine Partei wieder in die Regierung führen.

Dass dies keiner besser kann als er, sagen selbst die, mit denen sich Trittin früher fetzte. Exkanzler Gerhard Schröder (SPD) rät den Grünen, Trittin im Wahlkampf an die Spitze zu stellen. „Wenn die Grünen klug sind, machen sie Trittin zum Spitzenkandidaten.“ Trittin habe sich einen „staatsmännischen Habitus erarbeitet“. Als Beispiel nennt Schröder die Europapolitik. „Trittins Europapolitik zeichnet sich durch eine sehr staatstragende Haltung aus“, sagt er. „Das halte ich für sinnvoll: Wer regieren will, darf keine Fundamentalopposition machen.“ Die Menschen nähmen Trittin seine Ernsthaftigkeit ab.

Staatsmann Trittin überzeugt die Grünen davon, für den Atomausstieg der Kanzlerin zu stimmen, trimmt die Partei aufs Sparen und wirbt für umstrittene Instrumente wie den Fiskalpakt. Für den Wahlkampf kündigt er jedoch einen aggressiven Kurs an. „Die Tonlage muss rebellischer gegenüber Angela Merkel und der CDU werden“, sagt Trittin. „Wir müssen aggressiver gegen die schwarz-gelbe Koalition vorgehen und die Abgrenzung klarer markieren.“

Trittin erklärt, die Grünen würden im Bundestagswahlkampf Lehren aus der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011 ziehen. „Hinzu kommt: Wir dürfen unser Klientel in einer Kampagne nicht ansprechen, als sei es etabliert. Das war ein Kernproblem im Berliner Wahlkampf.“ Im vergangenen Jahr waren die Berliner Grünen in der Opposition gelandet, nachdem sie sich Hoffnungen auf das Amt der Regierungschefin gemacht hatten. In der Partei war nach der Wahl unter anderem die Kampagne als zu bieder kritisiert worden.

Diesen Fehler will Trittin nicht wiederholen. Er weiß, wie knapp es 2013 wird. Gegen die starke Merkel, gegen den Trend zur großen Koalition, gegen die Piraten. Auch für ihn könnte es die letzte Chance sein, noch einmal an die Macht zu kommen: Trittin wäre in einer rot-grünen Koalition gern Finanzminister und Vizekanzler, der zweitmächtigste Mann der Republik. US

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