Der sprühendeWitz

Von Thomas Eyerich
und Deniz Yücel

Schon wieder: Die taz fordert Text zu der Personalie Karl-Heinz Ruch (GF). Nun denn. Die Fragen aus der Bestellung:

Was mochtet ihr an ihm?

Seinen krachenden Humor.

Was hat euch geärgert?

Seine Redseligkeit. Wer nur schnell einen Bissen im taz-Café herunterschlingen wollte, weil die Produktion wartete, durfte ihm auf keinen Fall begegnen. Denn wer in seine Fänge geriet, kam nicht mehr los: Hier ein brüllender Witz, dort eine vertrauliche Information und immer wieder ein sprühender Regen von neuen Kampa­gnenideen – es wurde nie langweilig. Aber lang, ellenlang.

Was habt ihr geschätzt an ihm?

Den Personalkostenanteil. Niemand sonst in der Republik schmeißt ein Unternehmen mit ca. 250 hochintelligenten, bestens ausgebildeten und höchst engagierten Mitarbeitenden zu diesen Löhnen. Und: Die finden’s prima. Rennen strahlend ins Einstein und rufen „Hosianna – Selbstverwirklichung – Hosianna!“

Das heißt, sie arbeiten zu Bedingungen, die sie keinem anderen Unternehmen durchgehen lassen würden (und in ihren Kommentaren im Blatt regelmäßig geißeln). Sie tun das, weil Kalle ihnen, ganz im Vertrauen, eingeflüstert hat: „Pssst: Ihr seid es, die hier alles bestimmen. Das ist doch viiiiel besser als so ein schnödes Tarifgehalt …“ Dieser Erfolg ist umso beachtlicher, als es dem GF bislang gelungen ist, seinen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Aushöhlung des bundesdeutschen Sozialstaates vor der Geschichtsforschung zu verbergen.

Der GF persönlich begnügte sich übrigens nach Kriterien der kausalen Welt gerade mal mit einem besseren Facharbeitergehalt.

Was habt ihr verflucht?

Dass er versucht hat, den einzigen Mann zu vergraulen, der noch stärker als er selber die Seele des Hauses ausgemacht hat: Christian Specht. Aber halb so schlimm, ist ihm ja nicht gelungen. Denn Christian war nicht nur noch mehr Seele, er verfügte auch über noch zäheres Sitzfleisch.

Was ist euch in Erinnerung geblieben?

Der Zettel. Bei Gehaltsverhandlungen pflegte der GF, wenn die künftige Führungskraft ihre Vorstellungen wortreich dargelegt hatte, um dann eine Summe zu nennen, schriftlich zu ­antworten.Als sei man bei einem DAX-Konzern, runzelte er die Stirn und schrieb mehr oder weniger widerwillig etwas auf einen kleinen Zettel. Diesen faltete er sorgfältig zusammen und überreichte ihn mit stoischer Miene. Es stand eine Zahl da­rauf – eine in Ziffern gefasste Demütigung. Allein die Geste aber erübrigte jede weitere Diskussion.

Interessanterweise konnte er bei Autoren, die nicht für die taz tätig waren, deutlich generöser werden und für einen einzigen Halbsatz schon mal 20.000 Euro überweisen.

Und wie geht es weiter?

Für den GF: gemütlich vermutlich. Nach Informationen seiner Lieblingszeitung (FAZ, nicht taz) vielleicht sogar mit einem Fischrestaurant. („Im Fischmetier wird ja auch nicht viel geredet.“)

Für den Rest der taz: hoffentlich mit Tariflohn.

Thomas Eyerich war von 1986 bis 2013 Redakteur der taz in unterschiedlichen Funktionen (CvD, CR, Beauftragter des Vorstands). Er schätzt Kalle Ruchs uneitle Glorie.

Deniz Yücel, 46, war von 2007 bis 2015 Redakteur und Kolumnist der taz. Er würde Kalle jederzeit weiterempfehlen.