wie machen sie das?
: Die Predigerin

Christine Höke, 62, ist Pastorin und Klinikseelsorgerin im evangelischen Kirchenkreis Vlotho in Ostwestfalen. In diesem Jahr predigt sie in mehreren Weihnachtsgottesdiensten.

taz am wochenende: Frau Höke, Sie predigen an Weihnachten für viele Menschen, die eigentlich wenig mit der Kirche am Hut haben. Wie machen Sie das?

Christine Höke: Die Menschen kommen, weil sie sich am richtigen Ort fühlen. Hier müssen sie nichts vorweisen und nicht toll sein, das ist die Sehnsucht von vielen, glaube ich. Darauf versuche ich einzugehen.

Also keine politischen Botschaften?

In jungen Jahren wollte ich den Leuten auch zu Weihnachten noch ein bisschen Tierschutz unterjubeln oder so. Aber heute ist es mir wichtig, ein Gefühl von Zuhausesein zu vermitteln. Trotzdem sage ich, was mir politisch wichtig ist. Viele der Themen sind ja theologisch, Umweltschutz als Bewahrung der Schöpfung etwa. Ich denke aber, der Weihnachtsgottesdienst ist nicht der richtige Ort dafür. Das sollte man in Gesprächen behandeln.

Wie finden Sie Themen für Ihre Predigten?

Der Predigttext aus der Bibel ist vorgegeben. Dazu kommt die Situation, in der ich selbst bin, und die der Gemeinde. Ich versuche, Predigttext und Situation miteinander in Dialog zu bringen.

Ändert sich durch Ihre Predigten etwas?

Keine Ahnung. Es macht mir Spaß, dass die Leute oft ein bisschen lächelnder hinausgehen, als sie hereingekommen sind.

Gibt es auch schlechte Predigten?

Natürlich. Dann stehe ich da und frage mich: Was tust du hier eigentlich? Da kann die Predigt noch so gut vorbereitet sein, dann habe ich keine Verbindung zu den Leuten, dem Text oder zu mir.

Freuen Sie sich, dass die Kirchen an Weihnachten so voll sind?

Ja. Das zeigt mir, dass die Leute an Weihnachten nach etwas suchen, das über Geschenke hinausgeht.

Worum geht es in diesem Jahr in Ihren Weihnachtspredigten?

In der Klinik geht es um Zuhausesein: An Weihnachten bin ich weg von zu Hause, aber durch Weihnachten auch trotzdem angekommen. Bei der anderen Predigt geht es um die Ungemütlichkeit im Stall. Da pfiff der Wind durch die Ritzen, Maria wäre vielleicht lieber bei ihrer Mutter gewesen, damit die ihr bei der Geburt hilft. Wie ist das, wenn Weihnachten gerade gar nicht passt?

Sprechen Sie da aus eigener Erfahrung?

Einmal ist drei Tage vor Weihnachten eine Freundin tödlich verunglückt. Da hab ich mich gefragt: Wie soll ich denn jetzt eine Weihnachtspredigt halten? Aber ich habe gemerkt – wenn ich jetzt nichts zu Weihnachten zu sagen habe, ist Weihnachten nichts wert. Es ist Platz da für alle Gefühle.

Interview:

Christina Spitzmüller