Mode mit Bauchgefühl

UMSTANDSKLEIDUNG Mode für Schwangere steht den Laufstegtrends in nichts mehr nach. Denn werdende Mütter sind heute anspruchsvoller und selbstbewusster als früher

Zur Hochzeit bekennen Schwangere häufig Farbe – Mutige kleiden sich in Weinrot

VON JANET WEISHART

Der Hosenknopf geht nicht mehr zu. Die Unterwäsche spannt. Für viele Schwangere wird ab der zwölften Woche der Babybauch auch zur Kleidungsfrage. Noch vor zehn Jahren mussten sie für neue Hosen weit laufen. Heute heißt Umstandsmode „Maternity Clothes“ – und die ist so hip und vielfältig, wie es klingt. Die Auswahl in den geschätzten zehn Fachgeschäften in und um Berlin ist riesig. Im „SchönSchwanger“ in Potsdam etwa können Kundinnen unter rund 5.000 Tuniken, Hosen, Kleidern auswählen. Inhaberin Anne Krauß kauft jährlich 500 neue Modelle an, um immer zeitgemäß zu sein.

„Mode für Schwangere orientiert sich sehr an den Trends auf den Laufstegen. Sie ist endlich sehr modisch und abwechslungsreich“, sagt die Referentin für Damenmode beim Bundesverband der Deutschen Einzelhändler, Maria Bausch. Die Veranstalter der Internationalen Mode-Messe CPD in Düsseldorf, Igedo Company, sehen die Branche „Maternity“ Jahr für Jahr weltweit wachsen. Igedo-Company-Sprecher Thomas Kötter: „Vor fünf Jahren waren nur 15 Aussteller auf der Messe. Im vergangenen Juli waren es 37.“ Und die Expo für Baby, Kinder und Schwangerschafts-Produkte in Schanghai meldete 2004 nur 126 Aussteller, während es im Jahr 2008 schon 560 waren, davon 69 mit Schwangerschaftsprodukten.

Die Markenvielfalt erhöht den Wettbewerb, auch beim Preis. Das kann Schwangere freuen. Händler hingegen müssen clever einkaufen. „Nur wer sich mit seinem Angebot abhebt, kann überleben“, ist Ladeninhaberin Krauß überzeugt. Seit fast fünf Jahren bietet sie ihren Kundinnen darum einen besonderen Service: Etwa 90 Prozent ihrer Ware vermietet sie. „Keine getragenen Sachen, sondern Neuware oder Vorjahreskollektionen“, erklärt die Geschäftsfrau, die zweifache Mutter ist. So kostet die Vier-Wochen-Miete für eine Hose ab 7,50 Euro, die Wochen-Miete für festliche Mode ab 19 Euro.

„Geliehen werden gern teure Outfits. Wäsche oder bequeme Hosen kaufen Kundinnen lieber“, berichtet Krauß. Das wichtigste Kriterium der Mütter in spe sei aber die Bequemlichkeit. Darum enthält Wäsche und Kleidung heute bis zu 20 Prozent Elastan, eine dehnbare Faser, dank der die Garderobe „mitwächst“. An zweiter Stelle steht der Modetrend. „Besonders Jüngere achten auf Aktualität. Sie mieten rote Hosen, Mini-Röcke im Karolook, fragen nach bunten Leggins und Bauchbändern“, weiß Krauß.

„Die Kundin von heute ist anspruchsvoller und selbstbewusster“, sagt Anne Petzold, die ihr Geschäft „sexymama“ in Berlin-Prenzlauer Berg bereits seit vier Jahren führt. Dass hier längst der Zeitgeist regiert, dafür spricht der Laden, der wie ein edler Showroom wirkt.

Petzold besucht viele Messen und kauft sehr ausgesucht ein, etwa Labels aus Berlin, Skandinavien oder Australien. „Die Schwangerschaftsmode steht der herkömmlichen Mode in nichts mehr nach. Die Marke Mama licious beispielsweise wechselt alle zwei Monate die Kollektion“, erzählt sie. So gibt es auch für werdende Mütter Röhrenjeans und Pumphosen, ebenso wie Blusen mit Bändern, die die Trägerinnen unter der Brust binden müssen. „In diesem Herbst und Winter geht der Trend zu streng grafischen Mustern in Grün, Schwarz, Pink oder Gold“, sagt Petzold. Schöne Lingerie und Still-BHs (25 bis 70 Euro) werden zudem immer wichtiger. Im „sexymama“ sind sie so reizend, dass sogar Nichtschwangere zugreifen.

„Schwangere sind heute sehr stolz und mutig“, sagt Petzold. „Ich beobachte oft, dass mit der Schwangerschaft ein Wandel im Kleidungsstil einhergeht. Das neue Körpergefühl sorgt zwar erst mal für Unsicherheit – nach einer Beratung wagen Kundinnen modisch jedoch mehr als zuvor in puncto Schnitt und Farbe.“

„Mit der Schwangerschaft geht oft ein Wandel im Kleidungsstil einher“, sagt eine Geschäftsinhaberin

Die kurzen Wollröcke (75 bis 99 Euro) von m.a.p.h.i.a, geschneidert von Anne-Franziska Gleinig in Berlin-Mitte, könnten also gut ankommen. Auch weil sie aus ökologischer Wolle sind. „Die Nachfrage nach Öko-Mode steigt“, sagt Designerin Gleinig. „Aber sie darf nicht so aussehen“, betont sie. Darum suchte sie gemeinsam mit Anne Petzold einen violett-pinken und türkis-blauen Wollstoff im Retrolook aus. „Der Stoff erinnert an die 1940er-Jahre, die Farben an die 1970er“, erklärt Gleinig, die jährlich einige Modelle exklusiv für „sexymama“ näht. Petzold steuert dazu ihr Wissen rund um die Schwangere bei.

Im Team zu arbeiten, kann sehr inspirierend sein. Bei „mia nana“ in Berlin-Charlottenburg war dies daher von Beginn an das Konzept. Die zwei Designerinnen Mareike Spiering und Christiane Bär entwickeln jährlich zwei Kollektionen Braut- und Festmode für Schwangere. Das Projekt entstand aus der selbst erlebten Not. „Ich war 2001 schwanger und fand nichts, was meine Weiblichkeit unterstreicht“, sagt Modemacherin Spiering.

2002 startete das Team mit verschiedenen Hosen und Kleidern. Weil es laut Spiering bald genug Anbieter sportlich-bequemer Mode gab, spezialisierten sie sich auf Braut- und Festmode. „Die unterliegt keinem Modetrend. Bräute möchten nach wie vor ein romantisches Kleid“, erläutert Spiering. „Es dürfen Spitzenjäckchen sein, Taftkleider, Materialien wie Chiffon, Tüll, dazu Plisee-Jacken, Pailletten-Bänder. Warum? Ich denke, die Frauen geben damit ihren Gefühlen und Träumen endlich Raum“, sagt sie.

Immer häufiger bekennen Schwangere bei der Hochzeit Farbe. Pastelltöne wie Rosa oder Jadegrün sind in. Beherzte tragen Weinrot. Zur Kollektion (Kleider ab 199 Euro), die „mia nana“ in Deutschland produzieren lässt und die sogar bis Größe 48/50 erhältlich ist, gibt es neuerdings auch passende Schals sowie Taschen.

Mode für Schwangere in Berlin und anderswo finden Interessierte zum Beispiel hier:

www.mia-nana.de

www.maphia.at

www.sexy-mama.de

www.schoenschwanger-potsdam.de