NEUES VON MURAKAMI
: Viel Oberschenkel

Was machen die zwei Monate lang da drin?

Die Schaufensterscheiben der Hidari-Zingaro-Galerie in der Dieffenbachstraße waren von innen mit braunem Packpapier zugeklebt und ich dachte schon, oh Gott, ein kleiner Artikel über die letzte Ausstellung und sofort schließt Top-Künstler Murakami die einzige Galerie, die er in Europa betreibt. Und ich bin schuld.

Aber dann werden die Scheiben mit einem Comic verklebt, der eine futuristische Stadtarchitektur zeigt, in der ein Manga-Mädchen im kurzen Röckchen und Kniestrümpfen, die jede Menge Oberschenkel freilassen, auf einem Besen reitet und dabei mit großen schwarzen Augen starrt. Ein Vorgeschmack auf die nächste Ausstellung, die für den 27. Oktober angekündigt wird.

Die Mitarbeiter müssen also zwei Monate in einer vollkommen verdunkelten Galerie umherschleichen, denn auch die Glastüren sind blickdicht mit dem Comic verklebt. Was machen die zwei Monate lang da drin, frage ich mich. Jede Menge Oberschenkel und eher sogar viel zu viel sieht man auch im Prinzenbad, keine so perfekt geformten wie die von dem Manga-Mädchen, sondern viele mit viel Umfang. Allerdings sind der Erforschung dieses Phänomens Grenzen gesetzt, denn man ist im Prinzenbad gezwungen, immer auf den Boden zu gucken, um nicht in etwas hineinzutreten, zum Beispiel in abgekaute schwarze Olivenkerne, Plastikverpackungen für Strohhalme, Apfelgripse, Kaugummi, Pommes mit Mayo und Ketchup und zerlaufenes Split, also in die gesamte Speisekarte des Prinzenbad-Kiosks. Manchmal ist es gar nicht so einfach, einen Platz zu finden, an dem man seine Klamotten ablegen kann, ohne dass sie anschließend kleben bleiben, wenn man sie wieder anziehen will.

Als ich einem gebrauchten Tampon aus dem Weg gehen muss, denke ich, dass so ein verdunkelter Galerieraum vielleicht gar nicht so schlecht ist. KLAUS BITTERMANN