„Erich Böhme war garstig“

Vier aktuelle Themen, drei prominente Gäste, eine eher unbekannte Moderatorin: das ist die neue Sat.1-Talkshow „Talk der Woche“ (So. 22.25 Uhr). Gastgeberin Bettina Rust erklärt das Konzept

INTERVIEW HANNAH PILARCZYK

taz: Frau Rust, Ihre neue Sendung „Talk der Woche“ soll ein gesellschaftspolitischer Talk sein – kommt sonntags nach dem großen Sat.1-Familien-Movie also künftig das große Gespräch über Homoehe und Ehrenmorde?

Bettina Rust: Ja, diese zwei Themen sind gute Beispiele für das, was wir in der Sendung behandeln wollen. Sie werden aber sicherlich nicht das Politikthema verdrängen – von unseren vier Themen pro Sendung soll ja mindestens eines politisch sein. Bei uns werden allerdings keine Betroffenen sitzen, sondern immer Prominente.

Sie haben Iris Berben als Wunschgast genannt. Was erwarten Sie sich von einem Gespräch mit Iris Berben zum Beispiel zur EU-Verfassung?

Frau Berben ist ein sehr guter Gast, der sich sehr genau aussucht, in welchen Sendungen er auftritt. Meist spricht sie ja über ihre neuen Filme oder über Israel. Genau deshalb wäre es doch interessant zu hören, was sie zur EU-Verfassung sagt oder über Live 8 oder über die Rehabilitierbarkeit von Michael Jackson als Künstler – mich würde das interessieren und ich denke, da bin ich nicht die Einzige. Man kennt Prominente meist nur aus einem ganz bestimmten Setting, aber was sie zu ganz anderen Themen meinen, weiß man nicht.

Sat.1-Chef Roger Schawinski hatte Ihre Sendung als Polittalk angekündigt. Sie betonen hingegen, dass es sich um eine gesellschaftspolitische Talkshow handelt. Warum ist Ihnen diese Abgrenzung so wichtig?

Weil es politische Talkshows zur Genüge gibt. Und die besetzen ihre Nischen gut. Interessant ist auch die Ergänzung dazu.

Heißt das, Sabine Christiansen deckt die harten Themen ab und Sie ergänzen die weichen?

Ich würde das nicht so stark voneinander trennen. Wie heißt es doch: Ein Thema ist so hart, wie es der Moderator macht. Sicherlich werden wir auch die so genannten harten Themen behandeln. Die Frage ist nur, wie gehen wir damit um? Unser Vorteil könnte sein, dass wir nicht die Politiker als Gäste haben, die regelmäßig um Sendezeit buhlen und einen mit Floskeln abspeisen. In unserer Runde werde ich sicherlich nicht die Einzige sein, die nachfragt und fordert, dass man Tacheles redet.

Wie bereiten Sie sich auf die Sendung vor?

Natürlich bereite ich mich inhaltlich gut vor – schließlich haben wir vier Themen in einer Sendung und wollen sowohl Kultur, Sport, Politik, Entertainment als auch Wirtschaft abdecken. Bei einer solchen Bandbreite muss ich aber auch aus dem Bauch heraus moderieren, weil ich kein Profi in allen Gebieten bin.

Also alles außer Expertengesprächen?

Mir geht es um den Zuschauer, darum, dass es den Leuten Spaß macht. Natürlich will ich auch eine Sendung machen, die mich persönlich interessiert. Faktenhuberei ist eine Sache, die mich unheimlich abtörnt. Ich möchte in der Sendung beobachten und nachvollziehen können, wie sich gewisse Gedanken aufbauen und wie die Gäste argumentieren. Ich werde mich sicherlich nicht in allen Themen so firm machen, dass ich einen Hans-Olaf Henkel oder einen Otto Schily in die Tasche stecken kann. Je mehr man über bestimmte Themen liest, desto unsicherer wird man doch, weil man merkt, wie viele Dinge man noch nicht weiß. Da darf man sich nicht verrückt machen lassen.

Wie kuschelig wird es im Kuschelsender Sat.1 zugehen?

Ich würde mich freuen, wenn die Gäste den Mut haben, das zu sagen, was sie denken, und nicht das, was gut klingt. Klar ist es super, wenn dabei ein Streitgespräch entsteht, aber wir sind keine Aufhetzsendung. Und bei machen Themen wie zum Beispiel sexuellem Missbrauch wird es auch mal breiten Konsens geben.

Die letzte ernst zu nehmende Talkshow auf Sat.1 war Erich Böhmes „Talk im Turm“. Sehen Sie sich in dessen Tradition?

Den Verweis auf Erich Böhme verstehe ich nicht. Das liegt doch so lange zurück. Außerdem ist Böhme ein Mann und seine Sendung war monothematisch. Ich fand ihn übrigens garstig. Und wie er mit Sandra Maischberger [zwischenzeitlich Ko-Moderatorin von Böhme, Anm. d. Red.] umgegangen ist, war einfach nicht in Ordnung.

Tatsächlich ist seit Böhmes Abschied viel Zeit vergangen. Müssen Sie jetzt Aufbauarbeit in Sachen Politikkompetenz bei Sat.1 leisten?

Nein, dann hätte man sich für einen anderen Moderator entschieden.

Sie stehen also eher für Unterhaltung als für Information?

Ich will den Spagat schaffen. Infotainment ist zwar mittlerweile ein abgenutzter Begriff, aber es ist genau das, was ich will.

Bei ihren Kolleginnen Christiansen und Co gilt: Die einzige Frau in der Runde ist die Moderatorin. Werden Sie für mehr Frauen sorgen?

Ja, ich wünsche mir, dass wir Frauen in der Sendung haben. Frauen sind als Talkgäste ganz klar unterrepräsentiert. Und ich verstehe nicht, warum.