ERIC CHAUVISTRÉ ÜBER DIE ROLLE DER VEREINTEN NATIONEN IN AFGHANISTAN
: Mehr Mut zum Scheitern

Die alten Ziele Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind längst vergessen

Mit kaum noch nachvollziehbaren Winkelzügen versucht die UN-Mission in Kabul den Wahlbetrug in Afghanistan schönzureden. Und dies, obwohl immer deutlicher wird, wie dreist die Anhänger Karsais vorgegangen sind. Selbst die von der UN veranlasste Überprüfung ist offenbar so angelegt, dass sie dem amtierenden Präsidenten möglichst nicht schadet.

Die Motive für diese Vorgehen sind sogar verständlich. Das ganze Konstrukt des vom UN-Sicherheitsrat mandatierten Isaf-Einsatzes der Nato – der schöne, aber auch naive Traum des militärischen Aufbaus einer Demokratie – ist akut in Gefahr. Fragt man, egal ob in Washington oder Berlin, nach der Perspektive für den nunmehr acht Jahre dauernden Einsatz, dann gibt es stets dieselbe Antwort. Man müsse, so das Mantra, für den Aufbau einer starken eigenen Armee und Polizei sorgen, damit sich der afghanische Staat selbst gegen die Aufständigen verteidigen könne. Mit anderen Worten: Die afghanische Regierung soll so weit aufgerüstet werden, dass sie diesen Krieg eigenständig führen kann.

Wer dies aber will, braucht zwangsläufig einen einigermaßen funktionierenden Staatsapparat. Deshalb wird Karsai gestützt. Um jeden Preis. Stabilität geht vor. Die alten Ziele Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind längst vergessen. Doch mit der Perspektive einer durch einen korrupten Herrscher gewährleisteten Stabilität lässt sich weder in Europa noch in den USA für den Kriegseinsatz in Afghanistan werben.

Eine Legitimation durch die Vereinten Nationen wird deshalb für den Isaf-Einsatz immer wichtiger. Und die UN-Verwaltung lässt sich offensichtlich auf dieses Spiel ein. Der Nato mag dies helfen, den Afghanen kaum. Verlieren aber wird vor allem die Weltorganisation selbst. Gesteht sie das Scheitern der Mission nicht ein, wird die UN an Ansehen verlieren. Und das ist das Letzte, was die Welt braucht.