MAURETANIENS NEUER PRÄSIDENT IST SCHLIMMER ALS DER ALTE
: Vom Putsch zur demokratischen Öffnung

Der Sturz von Mauretaniens Präsident Maaouiya Ould Taya durch meuternde Militärs ist zunächst einmal ein Anlass zur Freude. Das Taya-Regime war eines der repressivsten Westafrikas; es war in den 80er- und 90er-Jahren für brutale Verbrechen gegen Oppositionelle vor allem aus der schwarzafrikanischen Minderheit verantwortlich und warf in den letzten Jahren ungeniert demokratische Oppositionelle mit radikalen Islamisten in einen Topf, um sich Kritik vom Halse zu halten. Die Freudenkundgebungen auf mauretanischen Straßen nach dem Umsturz sprechen für sich.

Doch der neue Präsident ist noch schlimmer als der alte. Oberst Ould Vall war jahrzehntelang die rechte Hand Tayas bei der Verfolgung seiner Gegner. Indem die Putschisten ihn an die Spitze ihrer Junta hieven, halten sie sich vielleicht einen Gegenputsch vom Hals – aber zugleich machen sie ihre eigenen Bekundungen, Mauretanien zur Demokratie führen zu wollen, unglaubwürdig.

Die Machtübernahme Valls und anderer, mit Menschenrechtsverletzungen schwer belasteter Militärs in Mauretanien darf nicht hingenommen werden. Eine einfache Restauration des exilierten Taya allerdings wäre ein Fehler, auch wenn damit rein formal den Erfordernissen der Einhaltung internationaler Legalität Rechnung getragen würde. Vielmehr muss der Machtwechsel jetzt dazu dienen, eine wahrhafte demokratische Öffnung einzuläuten. Denn unter Taya wurden zwar Mehrparteienwahlen eingeführt, aber die eigentlichen Probleme des Landes waren weiterhin tabu.

Die uralten Fragen des Ausgleichs zwischen der arabischen Herrscherkaste und den lange unter Versklavung leidenden schwarzafrikanischen Bevölkerungen des Senegal-Flusstals ist nie politisch thematisiert worden. Dazu kommen Fragen der sozialen Gerechtigkeit – nächstes Jahr wird Mauretanien Ölexporteur, und ein Haufen Geld wird in die schmale Staatskasse sprudeln. Die private Gier rivalisierender Zirkel der mauretanischen Elite darauf war sicher ein Auslöser des Putsches; der Umgang mit dieser Gier wird ein Teil der Lösung der Krise sein müssen. DOMINIC JOHNSON