Jukebox

Immer weiter und weiter, in aller Freundschaft

Die Beziehung zwischen Yo La Tengo und ihren Fans lässt sich leicht mit einem Wort beschreiben: Freundschaft. Nicht Leidenschaft, nicht hysterische Liebe, sondern Freundschaft, die über die Jahre gleichmäßig gewachsen ist, ohne dass es jemals zu einem entscheidenden Bruch gekommen wäre. Infolgedessen konnte es am anderen Ende der Gefühlsskala auch nie so etwas wie leidenschaftliche Ablehnung (nicht mehr zeitgemäß!, old-fashioned!, übelst retro!) oder gar Hass geben. Die Freundschaft aber, die musste sich auch erst entwickeln. Denn als Yo La Tengo 1987 erstmals auf den Indie-Plan traten, brauchte man sie eigentlich gar nicht – ihre gemächlichen Sixties-Feedback-Schleifen hörten manche lieber im Original, bei Velvet Underground, dem erklärten Vorbild von Yo La Tengo. Und wer es in memoriam Reed, Cale und Co. richtig Sturm-und-Drang-mäßig haben wollte, griff eher zu „Psychocandy“ von Jesus and Mary Chain, das ein Jahr zuvor erschienen war.

Hatte es sich aber schnell mit der VU-Aufarbeitung und auch mit Jesus and Mary Chain, die nie wieder eine Platte wie „Psychocandy“ produzieren sollten, so boten sich Yo La Tengo immer wieder als Ausweichmöglichkeit an, als korrekter Underground und, natürlich, als treuer Begleiter. Die Band aus dem Örtchen Hoboken umschmeichelte mit Melodien und verzerrt-monotonen Gitarrensounds und machte immer weiter und weiter. Manchmal sorgte sie gar für so manch kleinen inhaltlichen Schlenker. So gab es mal eine Platte mit Coverversionen von klassischen Folksongs („Fakebook“), dann experimentierten Yo La Tengo dezent mit Drum-&-Bass-Sounds („Autumn Sweater“) oder coverten ein Album lang Prince (kursiert nur als Rarität, durften sie nämlich nicht), und zuletzt gab es hörbar viel Sonne in ihren Songs, ungewohnte Leichtigkeit gar („Summer Sun“). Kleine Geschenke erhalten eben die Freundschaft.

GERRIT BARTELS