berliner szenen
: Bitte in zehn Tagen abholen

Meine Freundin Frieda geht, seit sie ein Kind hat, nicht mehr einkaufen. Die Wutanfälle, das Geschleppe. Ist ihr zu anstrengend. Mittlerweile bestellt sie sogar ihr Müsli im Internet. Einmal alle paar Wochen kommt eine Kiste, wo dann speziell Gemischtes aus Getreide und Trockenfrüchten drin ist. Auch Kinderklamotten, Spielzeug, Windeln und Mittagessen. Alles kommt per Kurier.

„Findest du das nicht nervig, wenn ständig jemand bei dir klingelt?“, frage ich. Aus diesem Grund bestelle ich gar nichts mehr im Internet. Ich bin so froh, wenn Montagmorgens endlich alle aus dem Haus sind, da will ich nicht auf Lieferungen warten. Ich arbeite zu Hause. Und mache gern Mittagsschlaf. Außerdem wohnen wir im dritten Stock. Da hat man dann sowieso nur die Zettel im Briefkasten. „Lieferung konnte nicht zugestellt werden, bitte in zehn Tagen bei Vollmond zwischen 10.15 Uhr und 10.18 Uhr am ausgehöhlten Baum in der Bisamrattensiedlung abholen.“ Oder man kann sich am Samstag drauf bei der Post in die lange Schlange stellen. Aber klar, im Internet zu bestellen ist ja so eine Zeitersparnis.

Frieda zuckt die Achseln. „Nö, wieso? Wenn die kommen, bin ich auf Arbeit. Und die Rentner unter uns haben eh nichts zu tun.“

Mich beschämt allein das ganze Verpackungsmaterial, das im Müll landet. Pappe, Plastik, Papier. Bevor diese schwedische Schülerin anfing, die Schule zu schwänzen, konnte ich das besser ignorieren.

Ich mag es nicht, andere für das zu bezahlen, wofür ich zu faul bin, damit ich scheinbar wichtigere Dinge erledigen kann. Wie Texte darüber schreiben, dass ich mich schämen würde, andere für mich einkaufen zu schicken, während ich Texte darüber schreibe, dass ich mich schämen würde, andere für mich einkaufen zu schicken. Lea Streisand