Ein Friedhof für den Bund

Jüdischer Friedhof Weißensee soll in Bundesbesitz übergehen – dafür setzen sich Klaus Wowereit und Jüdische Gemeinde ein. Positive Resonanz auf Idee, den Friedhof zum Weltkulturerbe zu ernennen

VON MARTIN MACHOWECZ

Der Jüdische Friedhof in Weißensee soll in Bundesbesitz übergehen. Dafür setzen sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Albert Meyer, ein, wie Senatsspecher Michael Donnermeyer gestern der taz sagte. Damit soll offenbar die Sanierung und Erhaltung des größten jüdischen Friedhofs in Europa gesichert werden. Hintergrund des Vorstoßes ist der Vorschlag von Albert Meyer, den Friedhof zum Unesco-Weltkulturerbe zu ernennen (die taz berichtete).

Dieser Vorstoß der Jüdischen Gemeinde ist unterdessen von der Unesco-Kommission Deutschland positiv aufgenommen worden. „Wir begrüßen diesen Vorschlag. Es ist etwas Besonderes, Welterbe zu sein“, erklärt Roland Bernecker, der Generalsekretär der Kommission mit Sitz in Bonn. Sie ist von der Bundesregierung eingesetzt und berät diese in Unesco-Fragen.

Dass der jüdische Friedhof der größte in Europa ist, reicht als Grund für die Ernennung zum Weltkulturerbe nicht aus. Dies sei kein Alleinstellungsmerkmal, sagte Mechtild Rössler vom Unesco-Welterbezentrum in Paris. „Das brauchen wir aber, um eine Stätte zum Welterbe zu erklären“, sagte sie gestern der taz. Orte der Erinnerung würden nur sehr begrenzt von der Unesco aufgenommen. „Der Friedhof müsste einen außergewöhnlichen Wert haben – schließlich gibt es hunderte jüdische Friedhöfe.“

Bisher hat nur ein schwedischer Friedhof diesen Status inne – „der wurde aber wegen seiner außergewöhnlichen Architektur ausgezeichnet“, sagte Rössler. Zwar zählten bei der Auswahl auch assoziative Werte, also zum Beispiel eine besondere historische Bedeutung. „Aber dann müsste dieser Friedhof in einer Reihe mit Gedenkstätten wie der in Auschwitz stehen.“ Ein Urteil, ob die Begräbnisstätte in Weißensee kulturgeschichtlich wichtig genug ist, wollte sie aber nicht fällen.

Sicher scheint allerdings: „Die Verantwortlichen müssen sich auf ein langes Verfahren einstellen“, so Roland Bernecker. Denn die Wege der Bürokratie seien lang und sperrig: Ein Vorschlag kann nur vom Land Berlin ausgehen. Das müsste die Initiative ergreifen. „Die Kultusministerkonferenz aller Bundesländer kann dann beschließen, den Friedhof auf die deutsche Welterbe-Anwärterliste zu stellen.“ Diese Liste sei aber schon rappelvoll, der Friedhof müsste sich ganz hinten anstellen: Ungefähr 15 Stätten stehen schon drauf.

„Wenn man bedenkt, dass Deutschland pro Jahr nur einen Vorschlag für die Weltkulturerbeliste machen darf, kann man sich vorstellen, wie lange es dauert, diese Liste abzuarbeiten.“ Zehn Jahre mindestens, gerne auch mal 20 – ein langer Atem ist Pflicht. „Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist dabei nur schwer vorherzusagen.“ Ein jüdischer Friedhof zeuge von viel kultureller Geschichte, „gerade auch durch die Katastrophe, die das jüdische Volk erlebt hat“, sagt Bernecker.

Denen, die es geschafft haben, wird von der Unesco attestiert, eine herausragende Kulturstätte zu sein. Das lockt Touristen. Außerdem verpflichten sich Unesco-Mitgliedsstaaten, viel Geld in die Erhaltung der Stätten in ihrem Land zu stecken – eine gute Finanzierung ist Welterben sicher.