Kein Open End für Corona-Gesetze

Im zweiten Anlauf könnte die Linke eine Befristung der Beschleunigung von Allgemeinverfügungen erreichen

„Weil der Antrag so kurzfristig an die Fraktionen ging, war es nicht möglich, ihn inhaltlich zu prüfen“

Renate Pinzke, Pressesprecherin Grünen-Fraktion

Von Friederike Gräff

„Selbst in Ausnahmesituationen dürfen keine generellen Regelungen geschaffen werden, die auch in Zukunft staatliche Möglichkeiten erweitern und Grundrechte einschränken“ – so hat es die Fraktion der Linken in ihrem Antrag zur Befristung von Eingriffen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie formuliert.

Den hatte sie bei der ersten Bürgerschaftssitzung nach den Wahlen am 18. März eingebracht, um zu verhindern, dass auch nach dem Ende der Pandemie Allgemeinverfügungen sofort in Kraft treten. Denn ohne eine Frist zwischen Beschluss und Inkrafttreten sind Klagen kaum möglich.

Florian Kaiser, Pressesprecher der Linken, schreibt auf Anfrage der taz, dass etwa im Laufe des G20-Gipfels Allgemeinverfügungen erlassen wurden, „um bestimmte Bereiche präventiv versammlungsfrei zu halten“. Der Linken sei es wichtig, dass „nicht im Windschatten von Corona von rechtsstaatlichen Prinzipien abgewichen wird und das auch nach der Krise bestehen bleibt“.

Gleichzeitig betont Kaiser aber, dass die Partei keineswegs eine solche Frist bei den gegenwärtigen Allgemeinverfügungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verlange. Tatsächlich stimmte auch die Linke für den Antrag des Senats, nachdem ihr eigener Antrag von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden war.

Das so beschlossene zehnte Gesetz zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes erlaubt, dass Allgemeinverfügungen im Internet veröffentlicht und damit sofort wirksam werden. Bislang war eine Veröffentlichung im dienstags und freitags erscheinenden Amtlichen Anzeiger notwendig und eine Mindestfrist bis zu dem der Veröffentlichung folgenden Tag. Damit ergab sich ein Vorlauf von bis zu vier Tagen für das Wirksamwerden der Maßnahmen.

Die Linke hält an ihren Bedenken fest und will bei der nächsten Bürgerschaftssitzung am 1. April einen neuen Antrag einbringen, der formal verändert inhaltlich das Gleiche fordert: eine Befristung der Beschleunigung des Wirksamwerdens von Allgemeinverfügungen.

Für diesen Antrag stehen die Chancen gar nicht schlecht. Laut der Pressesprecherin der Grünen, Renate Pinzke, war die Ablehnung im ersten Anlauf gar nicht einem inhaltlichen Vorbehalt geschuldet. „Weil der Antrag so kurzfristig an die Fraktionen ging, war es nicht mehr möglich, ihn inhaltlich zu prüfen.“ Beim zweiten Anlauf „werden wir ihn an den Verfassungsausschuss überweisen, um ihn dort in Ruhe zu diskutieren.“