STEFFEN GRIMBERG ÜBER EINEN ENGLÄNDER IM BIG APPLE
: Chance für die „New York Times“

Mark Thompson hat nie ein Hehl aus seinen Ambitionen gemacht. Von daher passt der Wechsel des heutigen BBC-Generaldirektors über den großen Teich zur New York Times gut ins Bild. Eine Position eine Nummer kleiner als der Vorstandsvorsitz bei einem der renommiertesten Zeitungshäuser der Welt hätte ihn wohl auch gar nicht gereizt.

Thompson gelingt dabei zum einen das Kunststück, als erster BBC-Chef seit Generationen nach seinem Ausscheiden einen richtigen Job zu finden und sich nicht als üppig bezahlter Frühpensionär die Zeit mit Ehrenämtern vertreiben zu müssen.

Zum anderen hat er die New Yorker Headhunter überzeugen können, dass er hart sein kann. In seiner Ära konnte die BBC nicht mehr Dank üppiger Gebühren immer weiterwachsen. Der gelernte Journalist zog das drastischste Sparprogramm in der Sendergeschichte durch, ohne die Programmqualität zu kompromittieren.

Gerade das ist für die New York Times und die anderen Blätter des Verlags kein schlechtes Signal. Denn neue Sparrunden sind im US-Zeitungsmarkt unausweichlich. Das Schwesterblatt Boston Globe stand schon einmal zur Disposition. Nach Zugeständnissen der Gewerkschaften und Mitarbeiter erscheint es fürs Erste weiter.

Leicht wird die neue Aufgabe für Thompson nicht. Immerhin dürfte, bis er seinen neuen Job im November antritt, der Verkauf der verlustbringenden Beratungswebsite about.com über die Bühne sein. Die New York Times Company ist dann wieder ein reines Medienhaus aus Zeitungen, TV- und Radiostationen sowie Webangeboten. Der Trend geht dabei zu mehr Konvergenz, zu Tönen und bewegten Bildern auch bei den Onlineausgaben der Zeitungen. Dass er einen solchen Prozess managen kann, hat Thompson schon bei der BBC bewiesen – einem anderen „alten“ Medium.

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