Ärzte verweigern Überstunden

Statt der üblichen 60 Stunden arbeiten die Herzchirurgen der Uniklinik Münster seit gestern nur noch die vertraglich vereinbarten 38,5 Wochenstunden. Jetzt drohen lange Wartezeiten für Operationen

von MIRIAM BUNJES

Arbeitskampf im Krankenhaus: Die Arbeitszeit beginnt um 7.30 Uhr und endet spätestens um 16 Uhr.Mit solchen normalen Arbeitswochen drohen die Ärztinnen und Ärzte in der Münsteraner Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie – und könnten der Uniklinik Münster damit Millionenverluste bescheren: Denn mindestens fünfzehn Überstunden sind im Alltagsbetrieb eingeplant. „Fast alle Krankenhausärzte haben immer mehr Pflichten und immer weniger Geld“, sagt Michael Helmkamo vom Ärzteverband Marburger Bund in NRW. 60 Arbeitsstunden seien üblich, „auf die Dauer zermürbt das derart, dass das auch für die Patienten gefährlich werden kann“.

Weil die Assistenzärzte – junge Ärzte, die zu Fachärzten ausgebildetet werden – seit August 700 Euro weniger verdienen, stoppen die Münsteraner Herzchirurgen die alltägliche Höchstleistung. „Wir sind nicht bereit, unbezahlte Überstunden zu leisten“, schrieben rund 20 Assistenz- und Oberärzte am 15. Juli an die Chefs der Universitätsklinik Münster und kündigten an, ab August nur noch die tarifvertraglich vereinbarten 38,5 Wochenstunden zu arbeiten.

Grund für diese nrw-weit bislang einzigartige Protestaktion sind die Sparpläne der Klinikleitung. Um ihr vier-Millionen-Euro-Defizit zu tilgen, strich die Klinik unter anderem die Leistungszulage der Assistenten und die Überstundenpauschale für alle ÄrztInnen.

Die Konsequenzen des Mediziner-Protestes werden teuer: Die Herzchirurgen rechnen mit einer „erheblichen Reduktion“ des Operationsplans. Es könnten „maximal drei statt bisher sechs Eingriffe mit der Herz-Lungen-Maschine“ durchgeführt werden. Notfälle wolle man durch einen Bereitschaftsdienst abdecken. Für alle anderen Eingriffe würden künftig eben längere Wartezeiten entstehen. Für die Klinik kann so großer finanzieller Schaden entstehen. Die protestierenden Mediziner schätzen, dass dem Klinikum durch ausgefallene Operationen rund sechs Millionen Euro durch die Lappen gehen werden – exakt die Summe, die durch Einstellungsstopp und Leistungskürzungen eingespart werden sollen. Auch der kaufmännische Direktor der Klinik, Manfred Gotthardt, rechnet mit Millionenverlusten. „Wenn die das wirklich durchziehen, werden wir natürlich ärztliches Personal in der Herzchirurgie einsparen“, sagt Gotthardt. Er hofft jedoch, die „Unstimmigkeiten“ im Laufe der Woche zu klären. „Wir sind auch bereit, auf die Kollegen zuzugehen.“

Auch Jutta Reising, Pressesprecherin der Uniklinik, versucht die Wogen zu glätten. „Überstunden werden nach wie vor bezahlt, nur eben nicht mehr pauschal“, erklärt sie. Und eine Leistungszulage hätten bislang nur die Assistenzärzte in der Herzchirurgie bekommen. „Das ist ungerecht den anderen gegenüber.“

Die Pauschale wurde vor Jahren eingeführt, weil in der Herzchirurgie bis zu zehn Arztstellen unbesetzt waren, deren Arbeit von den AssistenzärztInnen zusätzlich übernommen wurde. An der Situation hat sich bis heute nichts geändert. „Aber irgendwo müssen wir ja sparen.“