Sauer? Nein, wieso denn?

TEGEL Dass sich das Ende verzögert, freut die Taxifahrer und nervt Bezirkspolitiker

Die erneut verschobene Eröffnung des Großflughafens, bundesweit als Riesenpanne empfunden, ist so manchem in Tegel nicht unangenehm. Je später der Umzug nach Schönefeld komme, desto besser, sagt ein Taxifahrer, der am Mittwochmittag vor dem Tegeler Terminal wartet. In Schönefeld sei weniger zu verdienen: Wegen der großen Entfernung und dem S-Bahn-Anschluss nähmen weniger Leute ein Taxi. Ein anderer Chauffeur wird noch deutlicher: „Der neue Flughafen ist sowieso Scheiße für uns.“

In der Apotheke im ersten Stock hingegen würde man lieber so schnell wie möglich umziehen. „Wir haben bereits zwei fertige Apotheken in Schönefeld“, erklärt die Vizechefin. Ein späterer Umzug sei deshalb mit weiteren Kosten verbunden. Vielen Beschäftigten anderer Läden ist der Umzugstermin eher egal. „Ich wohne in Tempelhof, da ist es gleich, ob ich nach Tegel oder Schönefeld fahre“, sagt eine Bekleidungsverkäuferin.

Viele Fluggäste würden gern länger von Tegel fliegen. „Der neue Flughafen in Schönefeld hätte nie gebaut werden dürfen“, findet ein Kölner Geschäftsmann im Anzug. Tempelhof sei optimal gewesen. Jetzt sei es untragbar, einen Termin festzulegen, den man nicht halten könne. Eine ältere Berlinerin, die auf ihren Abflug wartet, beklagt die entstehenden Mehrkosten: „Wer soll das bezahlen?“ Aber zu erwarten sei es gewesen.

Gut für die Nachnutzung

Reinickendorfs Bürgermeister Frank Balzer (CDU) ist verärgert über die erneute Verschiebung, befürchtet aber keine Nachteile für die Tegel-Nachnutzung. Im Gegenteil: „Man kann die Pläne weiter vorantreiben, ohne dass das Gelände brachliegt.“ Los gehe es frühestens in zwei Jahren.

Balzers Parteifreund Dirk Steffel, Chef der CDU Tegel, fordert, den Flughafen noch „drei bis fünf Jahre“ offen zu halten. „Damit hätten wir Sicherheit, dass das alles wirklich ordentlich anläuft“, so Steffel. Er will aber bei einer längeren Öffnung die Zahl der Flüge auf 100 pro Tag und zehn pro Stunde begrenzen. Balzer lässt erkennen, dass er von Steffels Vorschlag nichts hält. „Man muss nicht jede Äußerung eines Parteifreunds kommentieren“, sagt er, und: „Im persönlichen Gespräch mit ihm habe ich das drastischer ausgedrückt.“

Im teilweise noch stärker von Fluglärm betroffenen Pankow, wohin bereits viele mit Blick auf die Tegel-Schließung gezogen waren, verhehlt Vizebürgermeister Jens-Holger Kirchner (Grüne) nicht seinen Frust: „Die Stimmung nach der Nachricht ist beschissen, das kann man gar nicht anders ausdrücken.“ Als Trost bleibe, dass der Umzug ja irgendwann komme: „Auch diese Verschiebung wird Pankows Aufschwung nicht behindern.“

STEFAN ALBERTI, RANI NGUYEN