Der Bologna-nicht-Versteher

Wenn die Chefs der Universitäten in Niedersachsen etwas zu sagen haben, dann tun sie das derzeit über Jürgen Hesselbach. Der gebürtige Stuttgarter ist Präsident der TU Braunschweig und Vorsitzender der Landeshochschulkonferenz, in der 21 Leiter niedersächsischer Hochschulen sitzen. Diese haben jetzt, zum zehnjährigen Bestehen der Bologna-Reform, eine kritische Bilanz gezogen. Am 15. August 2002 sind die deutschen Hochschulen umstrukturiert und auf das Bachelor/Master-System umgestellt worden.

Zu diesem Zeitpunkt war Hesselbach schon seit Langem in der Welt der Wissenschaft unterwegs. Nach seinem Maschinenbau-Studium in Stuttgart promovierte er an der dortigen Universität, bevor er einige Jahre in der freien Wirtschaft arbeitete. 1990 wechselte er von einer leitenden Tätigkeit bei Bosch an die TU Braunschweig und übernahm dort als Professor die Leitung des Instituts für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik. Darüber hinaus hat er Ehrendoktoren und -professorentitel an Universitäten in Rumänien und China.

Ähnlich international sollte die Bologna-Reform das Studium in Deutschland machen. Laut Bildungsministerin Anette Schavan (CDU) habe sie auch die Mobilität der Studierenden befördert und die Studienabbruchquote gesenkt. Doch nur jeder fünfte Bachelor-Absolvent war einer Statistik nach während seines Studiums im Ausland – zu wenig, so Horst Hippler, Präsident der deutschlandweiten Hochschulrektorenkonferenz. Studenten hätten oft Schwierigkeiten, sich ihre Leistungen aus dem Ausland für das Studium anrechnen zu lassen und Platz in ihrem straffen Zeitplan zu finden.

Stellvertretend für seine Rektoren-Kollegen meint auch Hesselbach, es seien noch viele Probleme zu lösen. „Die Bologna-Reform hat stark verschulte Studiengänge gebracht und damit die Freiheiten der Studenten eingeschränkt“, sagt er. Er habe nie verstanden, warum die Reform flächendeckend eingeführt worden sei. MORITZ KOHL