Historische Förderkürzung ohne Wirkung

Nach Opec-Entscheidung steigen die extrem niedrigen Ölpreise zunächst kaum an

„Es braucht Zeit, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen“

Alexander Nowak, russischer Energieminister

Mit einer beispiellosen Drosselung der Ölproduktion stemmen sich wichtige Förderländer gegen einen weiteren Preisverfall beim Rohöl. Im Mai und Juni werden die Mitglieder des Ölkartells Opec und ihre Partner täglich insgesamt 9,7 Millionen Barrel (je 159 Liter) weniger fördern, teilte die Opec am Montag mit. Auch danach werden bis zum 30. April 2022 die Förderlimits an die wegen der Coronakrise eingebrochene Nachfrage angepasst. Ölmarkt-Analysten gehen davon aus, dass die Ölnachfrage im zweiten Quartal um 15 Millionen Barrel am Tag sinken wird.

Am Markt reagierten die Ölpreise mit heftigen Ausschlägen, pendelten sich dann aber wieder auf dem Niveau ein, das sie vor der Einigung hatten. Das Rohöl der Sorte Brent kostete am Montagvormittag 31,17 Dollar pro Barrel. In der Spitze war der Preis nach dem Abkommen auf 33,24 Dollar gestiegen. Auch der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte WTI fiel von 22,49 Dollar wieder auf 22,81 Dollar zurück.

Die Einigung der Ölförderstaaten war im Grundsatz bereits am Freitag erzielt worden. Sie stand aber durch den Widerstand Mexikos bis zuletzt auf wackeligen Füßen. Bei einer Opec+-Sondersitzung per Videoschalte gingen die Partner dann aber auf den dringenden Wunsch Mexikos ein, nur 100.000 Barrel Förderkürzung statt der geforderten 400.000 Barrel beizutragen. US-Präsident Donald Trump hatte bereits angekündigt, die USA seien bereit, ihre Ölproduktion in Abstimmung mit Mexiko entsprechend zu kürzen. Die gesamte Produktionskürzung entspricht rund zehn Prozent der täglichen Ölförderung weltweit.

Insgesamt wurden damit die neuen Limits wegen der Haltung Mexikos nun im Vergleich zu den Zielen vom Freitag leicht korrigiert. So wollen die Opec und ihre Partner die Produktion von Juli bis Dezember um täglich 7,7 Millionen Barrel Öl senken. Vorgesehen waren zunächst acht Millionen Barrel. Zwischen Januar 2021 und April 2022 soll die tägliche Produktionskürzung 5,8 Millionen Barrel statt geplanter sechs Millionen Barrel umfassen. „Diese Produktionsanpassungen sind historisch. Sie sind die bisher umfangreichsten und längsten, da sie auf zwei Jahre angelegt sind“, sagte Opec-Generalsekretär Mohammed Barkindo.

Die Coronakrise mit dem folgenden Einbruch der Nachfrage nach Öl hatte den Ölpreis abstürzen lassen. Einzelne Teilnehmer der Sitzung äußerten die Hoffnung, dass sich der Ölpreis kurzfristig um 15 Dollar je Fass erholt. Dann könnte auch der Benzinpreis wieder steigen. Ein stabiler Ölpreis gilt auch als wichtig für die Sicherheit der Ölversorgung, die mit immensen Investitionen verbunden ist.

Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte mit seinem US-Kollegen Donald Trump, wie der Kreml mitteilte. Russland, die USA und Saudi-Arabien unterstützen demnach die Einigung. Mit der Drosselung könnten „die globalen Märkte stabilisiert und die Nachhaltigkeit der Weltwirtschaft insgesamt gewährleistet“ werden. Die Gespräche darüber sollte fortgesetzt werden, hieß es. Putin sprach auch mit Saudi-Arabiens König Salman. Trump schrieb auf Twitter, es handele sich um einen „großartigen Deal für alle“. Die Einigung werde auch Hunderttausende Jobs in der Energiebranche der USA sichern.

„Der Kompromiss heute sendet die Botschaft an die Welt, dass die produzierenden Länder zusammengekommen sind, um ein Abkommen für zwei Jahre festzuschreiben“, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak der Staatsagentur Tass zufolge. „Es ist langfristig und unterstreicht, dass es uns allen ernst ist, den Markt zu stabilisieren.“ Wann sich die weltweite Nachfrage nach Öl wieder erhole, hänge davon ab, wann sich die Weltwirtschaft nach der Coronapandemie wieder erhole, meinte er. „Es braucht Zeit, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen.“ (dpa)