Politisches Gezänk um Masken

Die Region Hannover nimmt eine Atemschutzmasken-Spende aus der Türkei an. Wegen der politischen Situation dort und der Anwesenheit von AKP-Politikern bei der Übergabe, kommt Kritik von der SPD

Von Reimar Paul

Mit dem Thema Coronaschutz lassen sich auch politische Statements setzen. Und so positionieren sich in der Region Hannover Sozialdemokraten gegen die türkische Regierung – und gegen einen früheren Mitstreiter. Anlass bot ein für den gestrigen Montag geplanter Pressetermin im Haus der Region zur Übergabe von 40.000 Atemschutzmasken an Regionspräsident Hauke Jagau. Die türkische Generalkonsulin Banu Malaman war ebenso angekündigt wie Mustafa Erkan. Der saß von 2013 bis 2017 für die SPD im niedersächsischen Landtag. 2018 trat er nach Querelen aus der Partei aus und kandidierte bei der türkischen Parlamentswahl für die Regierungspartei AKP. Derzeit ist er Berater des türkischen Außenministeriums. Auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Önay (Grüne) sollte bei dem Termin zugegen sein.

Mehrere Sozialdemokraten, unter anderem der noch immer sehr einflussreiche Ex-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg, meldeten Widerspruch gegen die Maskenspende und den Auftritt von AKP-Vertretern an. „Unter dem Deckmantel einer sozialen Hilfsmaßnahme versuchen die Türkei und AKP-Vertreter, von der wahren Lage in der Türkei abzulenken“, ließ sich Schmalstieg von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zitieren. In dem Land säßen Tausende aus politischen Gründen in den Gefängnissen. Auch mehr als 70 deutsche Staatsbürger seien dort inhaftiert und dürften nicht ausreisen. „Von einem solchen Staat“, so Schmalstieg, „darf man keine Geschenke annehmen“.

Dringender Bedarf

Regionschef Jagau, selbst Sozialdemokrat, mochte ungeachtet der Kritik seiner Genossen so weit nicht gehen. Denn vor dem Maskengeschenk hatte er unter maßgeblicher Vermittlung Erkans ein weiteres Coronaschutz-Geschäft mit der Türkei unter Dach und Fach gebracht. Die Region nämlich hat dringenden Bedarf an Schutzanzügen, um das Personal in dem im Bau befindlichen Behelfskrankenhaus auf dem Hannoverschen Messegelände ausstatten zu können – in der Klinik sollen bis zu 500 Corona-Patienten auch intensivmedizinisch versorgt werden.

200.000 solcher Schutzanzüge hatte die Region in der Türkei geordert. Doch der Deal zog sich hin und konnte erst mit Hilfe Erkans abgeschlossen werden. Jagau zufolge wäre das Geschäft ohne dessen Unterstützung geplatzt. Die Maskenspende samt Pressetermin gab es gewissermaßen obendrauf.

Um den Kritikern entgegenzukommen, ließ Jagau zwar die Journalisten wieder ausladen, die Übergabe der für das Klinikum Region Hannover bestimmten Schutzmasken selbst aber ging gestern über die Bühne. Jagau selbst und Klinik-Vorstand Barbara Schulte nahmen sie in Empfang. Er fände es „unaufrichtig, wenn ich die Masken, die für das Klinikum Region Hannover bestimmt sind, nicht mit entgegennehmen würde“, beschied der Regionspräsident.