Wirtschaftlicher Druck und positive Tests

Die erste Liga soll in Portugal Anfang Juni starten. Dafür fehlen jedoch die Voraussetzungen

Die strengen Regeln beziehen selbst die Familien der Fußballprofis mit ein

Aus Lissabon Simon Kamm

In Portugal soll am 4. Juni wieder der Ball rollen – ohne Zuschauer und unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen, um die Gefahr einer Ansteckung so gering wie möglich zu halten.

Nach dem Ende eines sechswöchigen Corona-Ausnahmezustands hat Portugals Regierung die strikte Ausgangssperre offiziell am 4. Mai gelockert. Seither wagt das Land einen vorsichtigen Ausstieg aus dem Lockdown. Und zur Normalität gehört in Portugal eben auch der Fußball. Nicht nur die Liga, die unter finanziellem Druck stehenden Vereine oder Inhaber von TV-Rechten wünschen sich diesen Normalbetrieb zurück. Auch die Regierung will mit diesem Schritt ein Signal für die Rückkehr zum Alltag setzen.

Portugals höchste Fußball-Liga war wegen der Pandemie am 12. März unterbrochen worden. Noch stehen zehn Spieltage aus. Der FC Porto führt die Tabelle mit einem Punkt Vorsprung vor Benfica Lissabon und 14 Punkten vor Sporting Braga an.

Die Generaldirektion für Gesundheit hat in Zusammenarbeit mit dem Fußballverband FPF und dem Ligaverband am vergangenen Sonntag einen umfassenden Verhaltenskodex herausgegeben, den alle Akteure penibel einhalten müssen. Die strengen Regeln beziehen selbst die Familien der Fußball­akteure mit ein. Diese müssen seit Trainingsbeginn in der vergangenen Woche und bis zum Ende der Saison, voraussichtlich Mitte Juli, weiter im Lockdown-Modus verharren und ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum reduzieren. Zudem müssen sich Spieler 48 Stunden vor jedem Anpfiff zwei Tests unterziehen. Fußball- und Gesundheitsexperten sind sich uneins, ob die Voraussetzungen für den Wiederanpfiff tatsächlich erfüllt sind. Sie bekräftigen die Notwendigkeit einer Ad-hoc-Evaluierung. Andere befürchten, dass die nun zu erfüllenden Regeln die Ungleichheiten in einer bereits jetzt von wenigen großen Vereinen dominierten Liga weiter verschärfen werden.

Bei einem Saisonabbruch droht vielen Erstliga-Vereinen die Insolvenz, besonders denjenigen im unteren Tabellenfeld, aber auch so manchen auf den mittleren Plätzen. Für viele Clubs in Portugal machen die TV-Gelder mehr als die Hälfte ihres Jahresbudgets aus.

Doch nicht nur der wirtschaftliche Druck wird bestimmen, ob es zum Wiederanpfiff kommt oder nicht. Am vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass Spieler der Erstligisten Vitória de Guimarães (drei Profis), FC Famalicão (drei), Moreirense FC (1) und Benfica Lissabon (1) positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Sollten in den nächsten Wochen weitere Tests positiv ausfallen, wird die bislang sehr vorsichtig agierende Regierung den Ligastart vermutlich wieder verschieben.