KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE ZUR GLEICHSTELLUNG HOMOSEXUELLER PAARE
: Machterhalt in Bayern geht vor

Gleichbehandlung muss als Gebot gelten. Auch bei dummen Privilegien

Natürlich haben die 13 CDU-Abgeordneten recht. Schwule und lesbische Paare, die eine eingetragene Partnerschaft eingehen, übernehmen die gleichen Pflichten füreinander wie heterosexuelle Ehepaare. Entsprechend muss der Staat ihnen auch die gleichen Rechte gewähren. Dazu gehört auch das Ehegatten-Splitting, das die Parlamentarier jetzt in einer Erklärung für homosexuelle Paare einfordern.

Manche Linke mögen nun nörgeln, dass die Ausweitung eines verstaubten Instruments keineswegs liberal ist. Ja, es stimmt: Das Ehegattensplitting subventioniert Lebensentwürfe, die konservative Herzen höher schlagen lassen. Schließlich liefert es den steuerlichen Anreiz, dass der ökonomisch schwächere Partner gleich ganz zu Hause bleibt. Doch diese ideologische Kritik taugt hier nicht. Es geht um die Gleichbehandlung von Menschen. Und dieses Gebot gilt auch bei steuerrechtlichen Dummheiten. Anders gesagt: Solange der Staat den einen blödsinnige Privilegien gewährt, kann er sie anderen nicht vorenthalten.

Spannender ist die Frage, ob sich die Initiative in der Koalition durchsetzt – und damit einen neuen Paradigmenwechsel unter Kanzlerin Angela Merkel begründet, der die Union einen Schritt in die Gegenwart führen würde.

Die FDP wäre sofort dabei. Und auch innerhalb der CDU stehen die Chancen nicht schlecht. Denn die Argumentation der Abgeordneten ist selbst für dauerfrustrierte Konservative anschlussfähig. Sie heben auf das lebenslange Füreinandereinstehen ab, auf christliche Werte also. Was sogar die der Liberalität unverdächtige Familienministerin dazu brachte, sich hinter die Idee zu stellen. Außerdem bedient die Initiative ein taktisches Interesse der Merkel-CDU. Die Partei schwächelt in Großstädten, und sie verliert urbane Milieus an die Grünen. Diese Wähler würden ein Gesetz, das Schwule und Lesben etwas gleicher behandelt, goutieren.

Doch all dies heißt nicht, dass Schwarz-Gelb sich zu einem Gesetz durchringt. Der Bremsklotz wird die CSU sein. Horst Seehofer dürfte angesichts katastrophaler Umfragewerte in Bayern ein Jahr vor der Landtagswahl kein gesteigertes Interesse an einer Debatte haben, die die Heiligkeit der Ehe zwischen Mann und Frau berührt. Auch der Verweis auf den Koalitionsvertrag wird den tapferen CDUlern nicht helfen. Denn die Formulierung, Schwarz-Gelb wolle die Ausgewogenheit von Rechten und Pflichten für eingetragene Lebenspartnerschaften verbessern, ist schwammig. Und sie lässt sich in alle Richtungen interpretieren.

Der Machterhalt in Bayern geht vor. Seehofer hat diese Formel wider jede Vernunft durchexerziert, als er die unwillige Koalition zum Betreuungsgeld trieb. Nach der Sommerpause könnten wir mit dem Ehegattensplitting für Schwule und Lesben eine Neuauflage erleben. Nur mit anders verteilten Rollen.