HAMBURGER SZENE VON MORITZ KOHL
: Vom Schaf- zum Büffel-Modus

Wegen einer Bombenentschärfung in Wilhelmsburg fährt dieser Zug nur bis Hammerbrook“, tönt es freundlich aus den Lautsprechern. „Dort warten Busse auf Sie.“ Von wegen. Dort wartet eine Menschenmenge auf mich. Kein Bus. Leute schalten in den Schaf-Modus, sammeln sich vor Polizisten in gelben Warnwesten und zücken schlecht gelaunt ihre Handys. Vor dem ersten Ersatzverkehr kommt Nachschub von den S-Bahn-Gleisen. Eine Polizistin erklärt der blökenden Menge, es könne etwas dauern. „Die steh’n wohl im Stau. Rush Hour.“

Eine Dreiviertelstunde und geschlagene drei Busse später stehe ich vor geöffneten Türen. Die Herde schaltet vom Schaf- in den Büffel-Modus, trampelt ohne Rücksicht auf Verluste drauf los. Ich zwänge mich hinein.

Der einzige, der Spaß hat, ist der Busfahrer. „Wilhelmsburg fahren wir natürlich nicht an“, verkündet er, nachdem er uns als nächste Fuhre begrüßt hat, „da is’ ja die Bombe.“ Eine weitere halbe Stunde später stehen wir irgendwo auf der Veddel tief im Feierabendverkehr. Irgendwann meldet sich der Fahrer: „Ich bekomm gerade die Meldung: Die Bahnen fahren wieder.“ Gelächter im Bus. „Ich fahr Sie da auch hin, aber wenn sie wollen, können Sie jetzt zur S-Bahn Veddel laufen.“ Die Türen springen auf, ich hüpfe ins Freie. Viel weiter wäre ich mit der Bahn auch nicht gefahren.